Berlusconi macht auf Minderheitsaktionär

Italiens Medienchef verkauft Anteile seiner TV-Holding, um politischen Gegnern Wind aus den Segeln zu nehmen

ROM taz ■ Erst verlor Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi bei den Regionalwahlen Anfang April die Mehrheit im Land, und nun ist er auch im eigenen Laden in der Minderheit: Am Mittwoch gab Berlusconis Familienholding Fininvest bekannt, sie habe ein Aktienpaket von 16,7 Prozent der Anteile an der Mediaset abgegeben, in der die drei TV-Sender Berlusconis sowie weitere wichtige Medienaktivitäten des Mailänder Milliardärs und Politikers gebündelt sind. Das Paket wurde für rund 2,1 Milliarden Euro von der US-Großbank JP Morgan übernommen.

Berlusconi ist unternehmerisch aber keinesfalls auf dem absteigenden Ast: Seine Sender erreichen zusammen 40 Prozent Marktanteil, durch den Verkauf ist die Familienholding nun komplett schuldenfrei. Zudem, so eine Fininvest-Erklärung, könne man mit dann noch 34,3 Prozent an Mediset dem Unternehmen weiterhin „Stabilität bieten“.

Genau darum geht es in Wirklichkeit: Die Kontrolle über seine TV-Sender gibt Berlusconi nämlich keineswegs ab. Er ist und bleibt der beherrschende Aktionär, solange das Gros der übrigen Anteile in Streubesitz ist. Anders als Deutschland kennt Italien kein durch die Banken wahrgenommenes Depotstimmrecht. Der Entschluss zum Teil-Verkauf ist so viel eher politisch motiviert: Berlusconi „bescheidet“ sich mit einer Minderheit im Unternehmen, um die Mehrheit im Land zurückzuerobern. Schließlich ist der Interessenkonflikt zwischen seinen medien- und seinen politischen Aktivitäten einer der zentralen Kritikpunkte seiner Gegner.

Berlusconi weist nun schon immer auf die angeblich so unabhängige, teilweise sogar gegen sein Politik gerichtete Berichterstattung seiner Sender hin. In Zukunft kann er diese ziemlich faktenwidrigen Thesen durch die „Feststellung“ ergänzen, er sei ja bloß noch einer unter vielen Mediaset-Aktionären und könne schon deshalb nicht für die politische Linie der Sender verantwortlich gemacht werden.

Außerdem plant der Politiker Berlusconi, das Gesetz zur Begrenzung von Wahlwerbung in den TV-Anstalten zu ändern. Bisher sind bezahlte Spots auf den nationalen Privatkanälen verboten. Sollte das Verbot kippen, könnte der Politiker B. – nicht zuletzt mit den frischen Milliarden aus seinem Aktienverkauf – jede Menge Spots auf seinen Sendern platzieren – und würde weiterhin als Medienmann B. ein gut Teil jenes Geldes einnehmen, das er gerade als Politiker ausgegeben hat. MICHAEL BRAUN