Staatsanwälte belasten Monika Hohlmeier

Die bayerische Kultusministerin hat offenbar von den parteiinternen Wahlfälschungen gewusst, wie die ermittelnden Staatsanwälte vor dem Untersuchungsausschuss einschätzen. In dieser Woche droht ihr weiteres Ungemach

MÜNCHEN taz ■ Christian Schmidt-Sommerfeld, Leiter der Staatsanwaltschaft München I, wusste wohl, welches politische Beben seine Aussage im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Folge haben würde und wich womöglich deshalb bei der Formulierung dezent ins Französische aus: „Aus meiner Aktenlage heraus gibt es die Erkenntnis, dass die Staatsministerin Hohlmeier von den Vorgängen en bloc Kenntnis gehabt hat.“

Die Vorgänge, das sind jene Wahlmanipulationen mittels Stimmenkauf und gefälschten Mitgliedsanträgen innerhalb der Münchner CSU, die im Februar 2003 publik wurden und Kultusministerin Monika Hohlmeier nun Amt und Karriere kosten könnten. Denn die Strauß-Tochter – damals bereits designierte Münchner Bezirksvorsitzende – soll laut Angaben mehrerer Staatsanwälte frühzeitig von den Machenschaften gewusst haben, ohne dagegen vorzugehen. Hohlmeier hatte dies stets bestritten.

Doch der zuständige Oberstaatsanwalt August Stern machte bei seiner Aussage vor dem vom Landtag eingesetzten Untersuchungsausschuss deutlich, dass er und seine Kollegen dem früheren Mitglied der Jungen Union (JU) Maximilian J. glauben. Der hatte mehrfach von einem Telefonat zwischen Hohlmeier und dem Landtagsabgeordneten Joachim Haedke berichtet, in dem es um Zahlungen zum Anwerben neuer Mitglieder gegangen sei. Die Neumitglieder sollten dann bei der Wahl in einem Münchner Ortsverband für das gewünschte Ergebnis sorgen.

Auch von wochenlang verschwundenen und offenbar manipulierten Mitgliedsanträgen soll Hohlmeier Kenntnis gehabt haben, sagte die Staatsanwältin Renate Fischer. Allerdings sei das bloße Wissen darüber nicht illegal. Gleiches gelte für den Kauf von Stimmen, deshalb gebe es keine strafrechtlichen Ermittlungen gegen Hohlmeier, meinte Fischer.

Politisch allerdings könnten die Aussagen der Juristen fatal wirken, auch wenn Hohlmeiers Anwalt Peter Huber scheinbar gelassen argumentierte: „Es ist lediglich der Aktenstand bestätigt worden.“ Nie zuvor aber hatten sich die ermittelnden Staatsanwälte in solcher Deutlichkeit über die Affäre geäußert.

Mit einiger Spannung werden deshalb in dieser Woche die Auftritte mehrerer CSU-Mitglieder vor dem Untersuchungsausschuss erwartet, die in die Wahlfälschungen verwickelt waren.

Der ehemalige Münchner JU-Chef Rasso Graber und der frühere Stadtrat Christian Baretti hatten Hohlmeier der Mitwisserschaft bezichtigt. Beide sind als Drahtzieher der Affäre zu hohen Geldstrafen verurteilt worden.

Überraschend hatten Baretti und Graber später ihre Berufung gegen diese Urteile zurückgezogen. Die zuständige Richterin Petra Axhausen gab nun vor dem Untersuchungsausschuss zu Protokoll, dieser Rückzieher sei ihrer Meinung nach auf politischen Druck erfolgt – und meinte offensichtlich Hohlmeier und Haedke. Die Grünen-Fraktionschefin im bayerischen Landtag, Margarete Bause, hat bereits angekündigt, Baretti und Graber vor dem Ausschuss vereidigen zu lassen. JÖRG SCHALLENBERG