Freiern droht Geldbuße

STRASSENSTRICH Senat will mit einem Kontakt-Verbot die Prostitution aus St. Georg vertreiben. Kritiker befürchten, dass Prostituierte schutzlos werden

Mit der Sperrgebietsverordnung ist Prostitution in St. Georg untersagt und wird schon bisher unter anderem mit einem Bußgeld bestraft.

■ 300 SexarbeiterInnen sind nach Polizeischätzungen derzeit im Stadtteil tätig.

■ Etwa ein Zehntel davon seien „selbstbestimmte“ Prostituierte, ein weiteres Zehntel drogenabhängige Deutsche.

■ Von 240 MigrantInnen komme mit 80 Prozent der überwiegende Teil aus Osteuropa, sagt die Polizei. Meist handele es sich um Zwangsprostitution.  LKA

Kunden des Straßenstrichs in St. Georg müssen künftig mit 5.000 Euro Strafe rechnen, wenn sie eine Prostituierte ansprechen. Eine entsprechende Kontaktverbots-Verordnung wolle der Senat am 24. Januar beschließen, sagte der Sprecher der Innenbehörde, Frank Reschreiter, am Mittwoch. Innensenator Michael Neumann (SPD) sehe darin ein „zusätzliches Mittel, um dem Problem der Straßenprostitution in St. Georg Herr zu werden“.

Ein schärferes Vorgehen des SPD-Senats gegen den Straßenstrich in St. Georg hat sich schon seit dem Sommer abgezeichnet. Anfang Juli hatten deshalb mehrere hundert Menschen auf dem Hansaplatz gegen die „Repression und Kriminalisierung“ der Prostitution demonstriert. KritikerInnen wie das Bündnis „Recht auf Straße“ befürchten, dass die Strafen die Prostitution ins Verborgene abdrängen werde. Damit entfalle der relative Schutz, den die Öffentlichkeit den Frauen biete, kritisierte die GAL-Bürgerschaftsabgeordnete Stefanie von Berg.

Der Bürgerverein St. Georg bezeichnete den Plan als eine Möglichkeit, „nach den überbordenden Beschwerden in der letzten Zeit mal Ruhe reinzubringen“, sagte dessen Vize-Vorsitzender Martin Streb. „Es ging immer um einen Ausgleich zwischen Prostitution und Wohnen – ich denke, dass das dabei helfen könnte.“

Behördensprecher Reschreiter sprach von massiven Beschwerden. So würden unbeteiligte Frauen und Mädchen angesprochen, und es gebe laute Streitereien zwischen Prostituierten und Freiern. Zudem erhöhe es den Handlungsdruck, „dass zunehmend Familien nach St. Georg ziehen“.

St. Georg ist seit 1980 Sperrgebiet. Prostitution ist dort offiziell verboten. „Wenn mit den bisherigen Instrumenten kein durchschlagender Erfolg erzielt wird, müssen weitere Mittel ausgelotet werden“, sagte Reschreiter. Mit dem Ansprechverbot könne die Polizei zusätzlich gegen Freier vorgehen – und nicht nur gegen Prostituierte. Andere Großstädte hätten positive Erfahrungen damit gemacht, etwa Düsseldorf, Köln, Frankfurt/ Main, Leipzig, Stuttgart und Mannheim.

Kersten Artus von der Linken kritisierte, dass der Senat darauf verzichtet habe, die Einrichtungen zu Rate zu ziehen, die sich im Stadtteil um die Prostituierten kümmerten. Offenbar wolle er nur der Aufwertung des Stadtteils den Boden bereiten.

Der GAL-Wahlkreisabgeordnete Farid Müller äußerte Verständnis für die Sorgen der Anwohner. Der Senat solle ein Konzept erarbeiten, „bei dem das Kontaktverbot mit erwogen werden kann“.  (dpa/knö)