Dirk Fischer gibt den Therapeuten

„Kampfgemeinschaft“ ohne „Kommandostruktur“: Auf dem Landestag der Jungen Union bekniet Hamburgs CDU-Chef seine Partei, sich künftig doch bitte nur noch intern zu streiten – und nicht mehr mit großem Radau über die Medien

Der Hamburger CDU-Landeschef und Bundestagsabgeordnete Dirk Fischer hat seine krisengeschüttelte Partei zu einem „manierlichen Umgang untereinander“ aufgerufen. „Wir leisten einer Medienwelt, in der manchen Journalisten unsere Erfolge offenbar unheimlich werden, bedauerlicherweise durch Streit in den eigenen Reihen und innerparteiliches Fehlverhalten genügend Futter, um unser Image zu beschädigen“, sagte Fischer am Sonnabend auf dem Landestag der Nachwuchsorganisation Junge Union (JU) in Poppenbüttel.

Ohne auf die Konflikte, mit denen die CDU-Bürgerschaftsfraktion die Öffentlichkeit seit Wochen in Atem hält, im Detail einzugehen, forderte Fischer „mehr Selbstdisziplin“ ein. Die innerparteilichen Querelen seien „überflüssig wie ein Kropf“: „Wir müssen ganz schön blöde sein, um von der Erfolgsspur so abzugehen“, sagte Fischer und kramte in seinem Sprichwortschatz: „Wenn‘s dem Esel zu wohl wird, geht er aufs Eis.“

Zu Beginn des Wochenendes war schon wieder ein CDU-Abgeordneter in die Kritik geraten: Jörg Frommann, hieß es in Medienberichten, beschäftige seine Lebensgefährtin als aus Steuermitteln bezahlte Bürohilfe.

Den Vorwurf, er und Fraktionschef Bernd Reinert hätten beim Krisenmanagement mangelhafte Führungsqualitäten unter Beweis gestellt, versuchte Fischer zurückzuweisen: Die Kritiker erweckten den Anschein, „als wäre eine Partei eine Kommandostruktur“. Ein Vorsitzender jedoch könne eben nur „reden, analysieren und mahnen“ – er habe die Aufgabe, Menschen zusammenzuführen, säuselte Fischer pastoral: „Man hat gewisse therapeutische Möglichkeiten.“

Wo es „Probleme“ gebe, so Therapeut Fischer weiter, „müssen wir uns intern bemühen, diese schnellstmöglich auszuräumen“. Ehe „wir mit großem Radau an die Presse gehen“, müssten „parteiinterne Klärungsprozesse stattfinden“. Zwar sei „ein gesunder Ehrgeiz genauso wichtig wie Leistung“, allerdings dürfe „persönlicher übertriebener Ehrgeiz“ nicht zu zerstörerischem Verhalten führen. „Wir müssen miteinander statt übereinander reden – und nach außen hin eine Kampfgemeinschaft sein.“

Ohne ihn beim Namen zu nennen, ging Fischer indirekt auf den Fall des wegen angeblichen Besitzes von Kinderpornographie unter Verdacht stehenden Ex-Abgeordneten Clemens Nieting ein – der CDU-Chef sprach von einem „menschlichen Drama“ und dem „Zusammenbrechen einer Existenz“. Gegen individuelles Fehlverhalten gebe es jedoch keine Generalprävention. Jeder müsse „auch in eigener Verantwortung wissen, wo die Grenzen zu ziehen“ seien – bei strafbarem Verhalten seien diese evident.

JU-Chef André Trepoll hatte vor dem Landestag von einer „beispiellosen Medienschlacht“ gesprochen, die „unser Ziel, junge Menschen für Politik zu begeistern“, konterkariert habe. Es dürfe nicht sein, dass „elementare Werte unserer Politik wie Gerechtigkeit, Freiheit, Solidarität und Verantwortung bei innerparteilichen Auseinandersetzungen ausgehebelt“ würden.Markus Jox