Doppelpass ist im Wahlkampf angekommen

Tayfun Keltek, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft der lokalen Migrantenvertretungen (LAGA) und SPD-Landtagskandidat, rät türkischstämmigen Deutschen, Behördenfragen nach Doppelstaatigkeit zu beantworten

KÖLN taz ■ „Die Türken werden zur Zielscheibe der deutschen Behörden“, kritisierte Tayfun Keltek, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft der lokalen Migrantenvertretungen in Nordrhein-Westfalen (LAGA), am Samstag in Köln die Briefaktion der Meldebehörden in NRW. Ausschließlich türkischstämmige Menschen werden derzeit danach befragt, ob sie nach ihrer Einbürgerung auch die türkische Staatsbürgerschaft angenommen hätten. „Ich hätte alle ab dem Jahr 2000 eingebürgerten Migranten angeschrieben“, so Keltek nach einer Vorstandssitzung der LAGA. Auch Menschen mit anderer Herkunft könnten schließlich einen zweiten Pass haben. Das neue Staatsbürgerschaftsrecht verbietet in der Regel diese Mehrstaatigkeit.

Grundsätzlich begrüßte Keltek die Befragung potenzieller Doppelstaatler. „Die Befragung unterstütze ich ohne wenn und aber“, erklärte der LAGA-Vorsitzende. „Die Landtagswahl muss schließlich ordentlich laufen.“ Türkischstämmige Migranten, die sowohl die deutsche als auch die türkische Staatsbürgerschaft haben, sollten dies nach Ansicht Kelteks den Behörden offen legen und am 22. Mai nicht wählen gehen. Von Verweigerung hält Keltek nichts. „Sie sollten den Brief beantworten“, so der LAGA-Chef. Der Kölner Rechtsanwalt Hanswerner Odenthal hatte den Betroffenen hingegen empfohlen, sich erst juristisch beraten zu lassen, um dann gegebenenfalls Widerspruch gegen das Schreiben einzulegen. Odenthal hält den Brief aus Datenschutzgründen für höchst problematisch (taz berichtete).

Dass es bundesweit 50.000 Doppelstaatler geben soll, bezweifelt Keltek. „Diese Zahl ist viel zu hoch gegriffen“, sagte er. Wahrscheinlich gebe es nicht mehr als 20.000 türkische Menschen mit zwei Pässen. Keltek, der auch Vorsitzender des Kölner Integrationsrats ist, sprach sich dafür aus, eine generelle Mehrstaatigkeit in Deutschland zu ermöglichen. „Dies ist ein Bedürfnis der Menschen, das ernst genommen werden muss“, sagte er. In anderen EU-Staaten sei dies kein Problem.

Der LAGA-Vorsitzende, der seit mehr als 20 Jahren SPD-Mitglied ist, startete am Wochenende in Köln seinen Wahlkampf für den NRW-Landtag. Seine Vorstandskollegen unterstützen die Kandidatur einhellig, sie sprachen am Samstag von einem „großen Impuls für die Migranten im Land“. Gleichzeitig bedauerten sie, dass Keltek landesweit der einzige SPD-Kandidat mit Migrationshintergrund ist.

THOMAS SPOLERT