„Es interessiert einfach nicht, was wir denken“

PROTEST Zur ersten Montagsdemo des Jahres kommen 1.500 Teilnehmer nach Friedrichshagen. Optimistisch sind sie nicht

Als die Zeile „Man kennt ihn seit eh und je, unseren Müggelsee“ aus dem „Müggelseelied“ erklingt, legt sich eine fast friedliche Stimmung über die verregnete Szenerie. Ein trügerischer Frieden, der Minuten später durch Buhs, Pfiffe und „Betrüger“-Rufe konterkariert wird. Am Montagabend treffen sich zum ersten Mal im neuen Jahr Anwohner und Bürger auf dem Friedrichshagener Marktplatz, um gegen die Müggelsee-Flugroute des BER zu protestieren. Über 1.500 sind gekommen.

Für Ursula Müller-Wissler, die 2005 mit ihrem Mann hier ein Haus gekauft und ausgebaut hat, ist die Route eine „Affensauerei“: „Wir haben uns nach ausdrücklicher Prüfung der damaligen Planungsunterlagen für unser Haus entschieden. Das ist seit 2010 alles hinfällig.“

Nicht nur vor Lärm graut es den Anwohnern. Hans Behrbohm, Gesundheitsexperte der Friedrichshagener Bürgerinitiative, warnt am Mikrofon vor Enteisungschemikalien und anderen krebserregenden Stoffen, die herabregnen würden. Da werde „der Bürger wie bei einem Tierversuch getestet“, ruft er.

Vermehrte Flugbewegungen haben tatsächlich direkten Einfluss auf das Areal, glaubt auch Regina Menzel, Demonstrantin und Geschäftsführerin der Werbegemeinschaft Friedrichshagen: „Ich lebe und arbeite seit 30 Jahren hier. Für uns als Anwohner und Unternehmer geht es um die Existenz. Wir leben vom Naherholungsgebiet.

Dass das Umweltbundesamtes sein Gutachten vorerst zurückzieht, weiß man bei der Demonstration noch nicht. Die im Vorfeld durchgedrungenen Aussagen werten die Teilnehmer als kleinen Sieg, als „eine Bestätigung unseres Befindens“, wie Ralf Müller, Sprecher der Bürgerinitiative meint. Gleichzeitig ist ihm bewusst, „dass sich die eigentlichen Verantwortlichen über den Rat des Amtes hinwegsetzen können“. Ein Umstand, der die Protestierer wenig optimistisch stimmt. Regina Menzel bezweifelt, „dass Gesundheit und Menschenverstand über Ökonomie gewinnen“. Ursula Müller-Wissler pflichtet ihr bei: „Ich habe schon so viele Briefwechsel gesehen. Es interessiert die Beteiligten einfach nicht, was wir denken.“ SEBASTIAN SCHULDT