Ungarn lenkt im Streit mit IWF und EU ein

FINANZKRISE Die Regierung in Budapest kündigt jetzt Gesprächsbereitschaft über das umstrittene Notenbankgesetz an. Ratingagenturen werten Ungarns Kreditwürdigkeit auf Ramschniveau ab

BUDAPEST dpa | Angesichts seiner großen Finanznot hat Ungarn einen Kurswechsel in Aussicht gestellt. Das außenpolitisch isolierte und von einer Staatspleite bedrohte Land signalisierte nun doch, über das von der EU und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) kritisierte neue Notenbankgesetz zu verhandeln. „Wir sind zu Diskussionen bereit“, sagte der ungarische Außenminister Janos Martonyi der Pariser Tageszeitung Le Figaro. „Auch über das am häufigsten erwähnte Problem: das Gesetz über die Zentralbank.“

Wegen seiner wirtschaftlichen Schwierigkeiten bemüht sich Ungarn seit November um einen neuen Kredit des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der EU. Die beiden Institutionen wollen aber vorerst keine offiziellen Verhandlungen mit der Regierung des rechts-konservativen Ministerpräsidenten Viktor Orbán aufnehmen, solange diese nicht ihre umstrittene Politik ändert. IWF und EU sehen die Unabhängigkeit der ungarischen Nationalbank gefährdet.

Die finanzielle Lage des EU-Landes hatte sich in den vergangenen Tagen und Wochen dramatisch verschärft. Am Freitag stufte als letzte der drei großen Ratingagenturen auch Fitch die Kreditwürdigkeit Ungarns auf Ramschniveau herab. Das Land kämpft außerdem mit dem Verfall der nationalen Währung Forint und hohen Aufschlägen bei der Kreditbeschaffung auf den freien Märkten. Die für Ungarn bedrohliche Entwicklung ist eine Folge der Wirtschaftspolitik der Regierung Orban. Unter anderen hatte diese – gegen den ausdrücklichen Rat von IWF und EU – die Unabhängigkeit der Notenbank durch eine Gesetzesnovelle stark eingeschränkt.

Demnach kann nun Orban einen weiteren Vizegouverneur der Nationalbank und zwei weitere Mitglieder ihres Monetärrats einsetzen. EU und IWF befürchten, dass die Regierung auf diese Weise direkten Einfluss auf die Notenbank nimmt, was gegen EU-Recht verstoßen würde. Falls sich Ungarn mit IWF und EU nicht auf ein Kreditabkommen einigen kann, ist eine Pleite des Landes wahrscheinlich. Vor allem in Österreich ist die Sorge daher groß.