Verordnung in die Tonne kloppen

Wer Pfandflaschen aus einem städtischen Papierkorb nimmt, dem droht ein Bußgeld. So will es die neue Straßensatzung. Obdachlose, soziale Initiativen, Künstler und Ratsopposition protestieren

VON FRANK ÜBERALL

Tausende glänzende Abfalleimer säumen Kölns Straßen, dafür hat Kölns christdemokratischer Oberbürgermeister Fritz Schramma öffentlichkeitswirksam gesorgt. Doch um genau diese Papierkörbe gibt es jetzt einen erbitterten Streit.

Denn was einmal drin ist, darf nicht mehr heraus genommen werden. So sieht es die neue städtische Straßensatzung vor, die trotz Kritik im Rathaus verabschiedet wurde. Gerade Sammlern von Pfandflaschen bereitet diese Vorschrift eine böse Überraschung: Wer einen solchen „Wertgegenstand“ aus dem Mülleimer entnimmt, muss nun mit einem Bußgeld rechnen. „Das ist völliger Unsinn“, schimpft der Straßenmusiker Franco. „Diese Vorschrift muss ersatzlos gestrichen werden.“

Zusammen mit vielen sozialen Initiativen und Künstlern hat Franco eine Unterschriftenaktion gegen den Tonnen-Paragraphen gestartet. Nach seinen Angaben haben unter anderem schon Hella von Sinnen, Gigi Herr und Jürgen Becker ihre Unterstützung zugesagt: „Wir wollen eine Eingabe an den Beschwerdeausschuss machen und notfalls auch vor das Verwaltungsgericht ziehen.“

Beim städtischen Ordnungsamt versteht man diese Aufregung nicht. „Beim Durchwühlen der Abfallbehälter wird oft viel Unrat verstreut“, meint dessen Chef Robert Kilp. „Außerdem ist das System von Hilfseinrichtungen für arme Menschen eng genug, so dass sie keine Pfandflaschen sammeln müssen.“ Zudem werde der Tatbestand nur in Einzelfällen tatsächlich von den Kontrolleuren des Ordnungsamts verfolgt und das Bußgeld so gut wie nie verhängt.

In der Obdachloseneinrichtung Oase will man sich damit jedoch nicht zufrieden geben. Rainer, der sich seit Jahren bei Wind und Wetter ein Zubrot mit Flaschenpfand zusammen sammelt, möchte darauf genauso wenig verzichten wie seine Freunde: „Die Verordnung muss weg“, fordert er. Besonders empörend findet er, dass die städtischen Abfallwirtschaftsbetriebe die Flaschen einfach entsorgen, anstatt das Pfand zurückzubringen: „Ökologisch und ökonomisch ist das doch seltsam.“

Politiker von Grünen und PDS im Kölner Stadtrat wollen die Forderung nach einer freien Flaschensammlung inzwischen unterstützen. Aber auch CDU-Ratsmitglieder sind irritiert über die neue Regelung. „Was ist denn daran, wenn man ein gut erhaltenes Taschenbuch aus der Tonne angelt?“, zeigte sich Margret Dresler-Graf gegenüber der taz verblüfft. Aufgeklärt über die Strafbarkeit, kündigte die Christdemokratin an, sich für eine Abschaffung der entsprechenden Vorschrift einsetzen zu wollen.