Bewilligt, aber nicht gezahlt

Drei Monate nach der Bewilligung von Projektfördermitteln aus dem NRW Haushalt haben nur die wenigsten Institute ihre Euros erhalten. Unmut und Verunsicherung beherrschen die Szene

VON PETER ORTMANN

Keine Werbeflyer für die „tanzstraße NRW“, die nächste Woche in Krefeld, Köln, Bonn und Düsseldorf beginnt. Ein offener Brief des NRW-Kulturrates an Kulturminister Michael Vesper (Grüne). Rund drei Monate nach der Bewilligung von Kulturfördermitteln aus dem Doppelhaushalt 2004/2005 herrscht im Land „Unmut und Verunsicherung durch die Exekutive“. Mit dieser Formulierung wandte sich Hans-Georg Bögner (SPD), der Vorsitzende des Kulturrats, in dem landesweit über 80 Kulturorganisationen zusammengeschlossen sind, an den Kulturminister und malt ein düsteres Bild an die Wand: Eine Vielzahl von Einrichtungen stünden vor schwerwiegenden finanziellen Problemen. Vernünftiges Arbeiten sei derzeit kaum möglich. Es herrsche überall große Planungsunsicherheit.

„Wir können nur bis zum 30. Juni planen“, sagt Jochen Brockstedt vom Landesbüro Freie Kultur in Dortmund. Nur 50 Prozent der bewilligten Mittel (rund 75.000 Euro institutionelle Förderung) seien bisher in Abschlägen gezahlt worden. Weiter als Juni könne bisher nicht gedacht werden. An eine Weitergabe von projektbezogenen Mitteln durch das Landesbüro an freie Theatergruppen sei schon gar nicht zu denken. „Darüber gibt es noch keinen Bewilligungsbescheid“, sagt Brockstedt. Die Anträge der Gruppen lägen bereits vor, aber es sehe so aus, als bekäme man im Kultur-Ministerium keine 60.000 Euro mehr zusammen.

Auch Ursula Theißen vom NRW Frauenkulturbüro in Krefeld hat, wie die meisten Institute im Land, erst die Hälfte ihrer Mittel. Sie ist auch Stellvertreterin von Bögner im Kulturrat. „Im Prinzip ist der Offene Brief von vor zwei Tagen schon vom Tisch“, sagt sie. Minister Vesper habe bereits mit Bögner telefoniert und beschwichtigt. Für die Probleme werde längst mit dem NRW-Finanzminister Jochen Dieckmann (SPD) nach Lösungen gesucht. Das bestätigen auch die Sprecherinnen im Ministerium. Ein offizielles Statement des Ministers gebe es nicht, Vesper habe lediglich einen internen Brief an Bögner geschrieben.

Allerdings verstummen die Gerüchte nicht, dass in Zukunft im Kulturbereich doch noch einmal gekürzt werden muss. Sorgen bereitet Theißen besonders ein Zusatz unter den Bewilligungsbescheiden, in dem dazu aufgefordert werde, sich schon einmal um Drittmittel, sprich Sponsoren, zu bemühen. Denn es sei noch nicht klar, ob die bewilligten Mittel auch tatsächlich komplett ausgezahlt werden könnten, so der lapidare Zusatz.

Was eine späte Zahlung durch die Bezirksregierungen vor Ort bedeutet, liefert das Beispiel der „tanzstraße NRW“ in Krefeld. Hier ist die Gesamtfinanzierung jetzt gesichert. Allerdings führte die Vergabepraxis zu Irritationen, so Kulturbüroleiter Jürgen Sauerland. Da noch vor einigen Wochen die Mittel nicht sicher waren, konnten nur bedingt Werbemittel finanziert werden. „Das finanzielle Risiko können wir eben nicht mehr tragen“, sagt Sauerland. So habe man auf den Druck der wichtigen Flyer für das einzige überörtliche Tanz-Forum der professionellen freien Szene verzichten müssen.