Stahl ade, Plastik fantastic

„Die Kunststoff-Macher“: Die Sparkasse Bremen zeigt am Brill die Vielfalt der Plastik-Welt. Mit Milchflaschen, Perlmutt-Imiatationen und explodierenden Billiard-Kugeln. Schließlich ist Bremen Vorreiter in Sachen Weiterverwertung

Bremen taz ■ Auch Plastik ist bereits reif fürs Museum. Um die Erfindungen von zehn „Kunststoff-Machern“ herum hat das Deutsche Kunststoff-Museum eine Ausstellung konzipiert, die bis zum 6. Mai in der Schalterhalle der Sparkasse am Brill zu sehen ist.

„Mit dem Titel der ‚Stadt der Wissenschaft‘ ist für Bremen der Auftrag verbunden, Ergebnisse von Forschung raus aus dem Elfenbeinturm und unter die Leute zu bringen,“ so Elke Heussler von der Pressestelle der Sparkasse Bremen. „Das hat uns gereizt – auch wenn es ein weiter Weg von der Uni bis hierher in die Schalterhalle ist. Wir können die Wissenschaftler hier ja nicht einfach ihre englischen Poster aufhängen lassen, die sie sonst auf Konferenzen zeigen.“

Statt Poster ist ein Sammelsurium von Alltagsgegenständen zu sehen: Milchflaschen, Kinderwagen, Lampenschirme, Schmuckstücke, alles aus Kunststoff und sortiert nach Material wie Bakelit, Celluloid oder Polyurethan. Dabei sind überraschende Stücke zu entdecken. Celluloid eignet sich zum Beispiel für die Nachbildung von Schildpatt oder Perlmutt, die sich mit bloßem Auge nicht von den Naturmaterialien unterscheiden lassen.

„Bei den ersten Kunststoffen wussten die Chemiker gar nicht, was sie da in den Händen hatten“, so Dieter Wöhrle, emeritierter Professor der Universität Bremen und Co-Kurator der Ausstellung. Weder die molekulare Struktur noch die Eigenschaften der neuen Materialien waren bekannt. Celluloid entstand als Nebenprodukt der Sprengstoffindustrie und brennt leicht. Es wurde auch für die Produktion von Billardkugeln eingesetzt, als Ersatz für Elfenbein – obwohl es beim Zusammenprall gelegentlich kleine Explosionen gab.

In den achtziger Jahren überstieg das weltweit produzierte Volumen an Kunststoffen erstmals die Stahlproduktion. „Kunststoffe sind Chemikalien“, sagt Wöhrle und damit ist ihre Entsorgung ein Problem, auch wenn in Deutschland inzwischen 80 Prozent des Plastikmülls wieder- oder weiterverwertet werde. „Weiterverwertung“ schließt hierbei auch die Verbrennung von Kunststoffabfällen in Heizkraftwerken oder die Verwendung als Reduktionsstoff in der Stahlindustrie mit ein. Auf beiden Gebieten hat Bremen eine Vorreiterrolle inne, aber leider ist in der Ausstellung nichts darüber zu erfahren.

Peter König

Bis 6. Mai in der Sparkasse am Brill