Aufenthaltserlaubnis gegen Schmiergeld vergeben

KORRUPTION In Potsdam „verkauft“ ein Mitarbeiter der Ausländerbehörde die nötigen Papiere

POTSDAM taz | In der Potsdamer Ausländerbehörde wurden offenbar jahrelang Aufenthaltsgenehmigungen verkauft. Ein Mitarbeiter soll auch Geld dafür genommen haben, entsprechende Verfahren zu beschleunigen. Die Behördenchefin Elona Müller spricht „von krimineller Energie eines Einzelnen“, mit denen sich der Mitarbeiter finanzielle Vorteile erschlichen habe.

Inzwischen prüft die Verwaltung der brandenburgischen Landeshauptstadt unter anderem jede Aufenthaltsgenehmigung, die möglicherweise über den Tisch des verdächtigen Sachbearbeiters Michael E. gegangen ist – 6.818 Menschen aus rund 90 Staaten lebten zum 31. Dezember 2007 in Potsdam. „Keine Akte bleibt ungeprüft“, so Müller. Falls dubiose Details auffallen, werden die Unterlagen zur auf Korruption spezialisierten Staatsanwaltschaft Neuruppin weitergeleitet.

Auf bisher 30 bis 35 Fälle beziffern deren Ermittler die Zahl der verdächtigen Fälle, in denen möglicherweise bestochen wurde. Bis Ende August sollen die Ermittlungen abgeschlossen sein. Wie viel Geld der Mann verlangte und wie groß seine Beute insgesamt war, wurde noch nicht veröffentlicht.

Zweifelhafte Züge trägt auch die Art und Weise des Umgangs mit dem Korruptionsfall seitens der Behörde. Diese erfuhr 2007 durch einen internen Hinweis und durch einen Tipp von außen von dem Fall. Bald darauf wurde der Mann entlassen, der Stadtrat jedoch nur mit vagen Andeutungen über ein Fehlverhalten in einer Behörde informiert. Erst im Februar 2008 berichtete Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) den Abgeordneten von dem Fall, forderte aber Stillschweigen. Das Ganze müsse sensibel behandelt werden, hieß es.

Der Betrug kam dann erst durch einen zweiten Korruptionsfall an die Öffentlichkeit. Dieses Mal soll die Amtsleiterin für Arbeitsmarktförderung einem Verein Geld zugeschustert haben – im Austausch dafür erhielt sie einen Laptop. Daraufhin fragte eine linksalternative Wählergemeinschaft schriftlich beim Oberbürgermeister nach, ob man denn dieses Mal wohl unaufgefordert von dem Korruptionsfall unterrichtet werden könnte. Journalisten wurden stutzig, recherchierten und brachten den Fall ans Licht.

Potsdam will nun der Anti-Korruptionsorganisation Amnesty International beitreten.HENRI KRAMER