Die Glocken läuten, die Gläubigen beten

In Deutschland und Polen bereiten sich Kirche und Katholiken auf den Tod des Papstes vor. In Sondergottesdiensten werden Fürbitten für den sterbenden Oberhirten gesprochen

BERLIN/WARSCHAU taz ■ Wenn der Papst stirbt, läuten die Glocken. Ein Ritual, das beinahe jede katholische Gemeinde in Deutschland praktizieren wird. Auch die weiteren Trauerfeierlichkeiten im Falle des Todes von Johannes Paul II. werden bereits vorbereitet.

Die katholische Kirche plant nach Angaben des Leiters des Deutschen Liturgischen Instituts, Eberhard Amon, repräsentativ für ganz Deutschland ein so genanntes Pontifikalrequiem in Berlin – einen Trauergottesdienst zu Ehren des Verstorbenen. Unter der Leitung des Nuntius Erwin Ender, des Vatikanbotschafters in Deutschland, werden hochrangige Kirchenvertreter und Politiker von dem Kirchenoberhaupt Abschied nehmen.

Weitere Rituale stehen zu großen Teilen im Ermessen von Pfarrgemeinden und Diözesen. Nur für das Requiem zum Tode des Papstes sind spezielle Regeln festgelegt. Im Messbuch der katholischen Kirche sind zwei Formulare mit ausgewählten Gebeten niedergeschrieben, für die sich die Leiter der Trauergottesdienste entscheiden können. Über Details der Gottesdienste, Trauerbeflaggung oder Trauerzüge entscheiden die Diözesen individuell nach eigenem Ermessen.

Gestern schon beteten in vielen deutschen Gemeinden Gläubige für den Papst. Im Kölner Dom kamen 500 Menschen zu einem Mittagsgebet mit Kardinal Meisner zusammen. Ungleich größer noch war die Anteilnahme in der polnischen Heimat Johannes Pauls II. „Er will sterben. Er hält die Schmerzen nicht mehr aus“, weint eine junge Polin in der St.-Bobola-Kirche in Warschau, „nur deshalb will er nicht mehr ins Krankenhaus.“ Zur Frühmesse sind mehr Gläubige als sonst gekommen. Viele knien auf dem harten Steinboden neben den Bänken und ringen die Hände. „Hilf ihm, Gott, gib ihm Kraft!“

In der Warschauer Kirche bedrängen die Gläubigen den Priester: „Was sollen wir jetzt tun?“ Viele drücken immer wieder Heiligenbildchen an ihre Lippen, andere lassen den Rosenkranz durch die Hand gleiten und beten stumm ein Ave Maria nach dem anderen. Der Priester hebt beide Hände wie zum Segen und spricht: „Lasst uns für den Heiligen Vater beten. Gott ruft die Seinen zu sich, wenn die Zeit gekommen ist. Habt Vertrauen! Der Tod ist nicht endgültig. Johannes Paul II. fürchtet ihn nicht.“

Am späten Freitagvormittag verbreiten Radio und Fernsehen in Polen, dass die Bischöfe die Gläubigen zum Gebet für den schwer kranken Papst aufriefen. Im ganzen Land wurden Sondergottesdienste angesetzt. „Der Papst ist für uns Polen wie ein Familienmitglied. Sein Leiden geht uns allen sehr nahe“, erklärte Priester Kazimierz Sowa, der Leiter des Rundfunksenders Plus. Selbst die polnischen Muslime, Nachfahren der Tataren im Nordosten Polens, schlossen den Papst in ihr traditionelles Freitagsgebet ein. „Das ist doch selbstverständlich, dass wir für den polnischen Papst beten“, meinte Polens Mufti Tomasz Miskiewicz.

NADINE BÖS, GABRIELE LESSER