Zoologen auf der Roten Liste

Zoologische Sammlung der Hamburger Universität soll aufgeteilt und verlagert werden. Die Wissenschaftler sorgen sich um ihre weltweit renommierte Schausammlung am Grindel

Angst um einen „Urmeter der Tierarten“ und eine „Bibliothek der Natur“

Von Yasemin Ergin

Zoologen der Universität Hamburg sorgen sich um ihre 160 Jahre alte Forschungssammlung. Grund ist eine von der Universität geplante Neuordnung des Campus, die den Einzug der Informatik in das Gebäude am Martin-Luther-King-Platz vorsieht. Das Zoologische Institut soll nach Klein Flottbek verlagert werden, wo sich bereits die Botanik befindet. Lothar Renwrantz, geschäftsführender Direktor des Biozentrums Grindel und des Zoologischen Museums, wundert sich über die „kurzsichtige“ Planung. „Die Universitätsleitung hat die Wissenschaftler des Museums vergessen“, behauptet der Professor. In Klein Flottbek ist nämlich Platz für die MitarbeiterInnen des Instituts, nicht aber für Forschungssammlung und Schaumuseum.

Sabine Neumann, Sprecherin der Wissenschaftsbehörde, sieht die Aufteilung unproblematisch. Institut, Schaumuseum und Forschungssammlung seien „drei unterschiedliche Bereiche“. Das Institut in der Nähe der Botanik unterzubringen, sei sinnvoll. Für das Schaumuseum gebe es keine Änderungspläne, über die Forschungssammlung hingegen werde die Uni entscheiden, nachdem eine externe Begutachtung ihren Wert festgestellt habe. Ein Gutachten sei notwendig, um finanzielle und wissenschaftliche Entscheidungen abzusichern, erklärt auch Universitätssprecherin Viola Griehl. Die Uni bemühe sich, die bestmögliche Lösung für den Fachbereich zu finden.

„Haarsträubend“ findet Renwrantz die von Behörde und Uni formulierte Einteilung in drei Bereiche. Das Zoologische Museum bestünde aus Forschungs- und Schausammlung und bilde mit dem Institut eine Einheit. Die 16 Wissenschaftler des Instituts betreuten beide Sammlungen und nutzten diese für Lehre und Arbeit. Neun von ihnen seien im Museumsteil beschäftigt und somit bei den Umzugsplänen nicht berücksichtigt.

Eine Verlagerung sei nur für die Zoologie als Ganzes denkbar, so Renwrantz, für einen adäquaten Neubau in Klein Flottbek fehlten jedoch die finanziellen Mittel. Die jetzigen Räume verfügten über zoologiespezifische Anlagen wie Aquarien, Gehege und temperierte Räume, über die in Klein Flottbek „noch nicht mal geredet“ worden sei. Allein die hochmoderne Mazerationsanlage für die Präparierung von Tierskeletten, die „pünktlich zum Umzug“ fertig werde, habe knapp zwei Millionen Euro gekostet.

Die externe Begutachtung, die nun über die Zukunft der Forschungssammlung entscheiden solle, sei reine „Verzögerungstaktik“, kritisieren auch andere Zoologen. Politiker haben sich ebenfalls eingeschaltet. Die SPD-Fraktion hat in einer großen Anfrage an den Senat Auskunft über die Finanzierungspläne für die Campus-Neuordnung gefordert. Unter anderem wollen sie wissen, ob der Senat ein Konzept für die Erhaltung der zoologischen Sammlung erarbeite. Diese gelte als „unwiederbringlich“ und sei daher ein international geschütztes Kulturgut, so SPD-Hochschulexpertin Barbara Brüning.

Am Wert der Sammlung, die eine der umfangreichsten ihrer Art weltweit sei, bestehe gar kein Zweifel, betont Professor Renwrantz. Dieser sei schon mehrfach in offiziellen Gutachten festgestellt worden, zudem spreche die breite Nutzung durch Wissenschaftler aus aller Welt für sich. Die Sammlung verfüge über eine große Zahl an „Typusmaterial“, das jeweils erstgefundene Exemplar einer Art.

Der im Foyer des zoologischen Instituts ausgestellte Narwal-Schädel wurde bereits 1684 nach Hamburg gebracht und überstand als einziges Stück der Schausammlung die Zerstörung des alten Museumsgebäudes durch einen Bombenangriff im Jahre 1943. Mit der Sammlung ginge ein „Urmeter der Tierarten“ und eine „Bibliothek der Natur“ verloren, so der Zoologe wehmütig.

Griehl kann die Sorge der Professoren nachvollziehen. Die „objektive Wichtigkeit“ müsse jedoch festgestellt werden, bevor man in den Fortbestand investiere, so die Sprecherin, auch wenn das „Herzblut der Zoologen“ in der Sammlung stecke.