LESERINNENBRIEFE
:

■ betr.: „Neonazis wollten Studenten töten“, taz vom 15. 7. 09

Wir haben nichts für Ausländer

Es geht wohl auch bei dem taz-Artikel in erster Linie darum, ob wie im vorliegenden Fall das Opfer eher links steht bzw. dafür gehalten wird. Und da machen allzu viele Deutsche einen Unterschied: Ist das Opfer vom linken (deutschen) Spektrum, setzt Solidarität mit ihm ein. Man wehrt sich, es könnte einen ja selber mal treffen, sei es, weil man politisch links steht, sei es, weil man überhaupt ein/e Deutsche/r ist. Die gerade von Politikern so strapazierte „Betroffenheit“ setzt ein.

Marwa und die anderen? Na ja. Warum sind die eigentlich hier? Tragen einen Bart? Ein Kopftuch? Lange Mäntel? Geht mich ja nix an. Hab’ wirklich nix gegen Ausländer etc. Die so denken, die allzu vielen, haben vielleicht wirklich „nix gegen Ausländer“, aber sie haben auch nichts für sie. Sie haben auch 60 Jahre nach der Verabschiedung des Grundgesetzes noch immer nicht begriffen, dass die Menschenwürde auch der „anderen“ unantastbar ist. Und dass wir unsere eigene Würde beschmutzen, wenn wir ihnen nicht beistehen. URSULA SEZGIN, Kronberg/Taunus

■ betr.: „Bedürfnisse der Opfer achten“, „Deutschland ganz unten“, taz vom 14. 7. 09

Auf Kosten von Frauen

Auf Seite 7 und auf Seite 14 druckt ihr Fotos mit nackten oder fast nackten Frauen und zwar ohne Köpfe ab. Das mag sicher so manchen Leser freuen, wollt ihr jedoch eure feministische Leserinnenschaft verlieren? Sachliche Berichterstattung, die versucht, der Entwürdigung von Frauen entgegenzuwirken oder sie zumindest nicht zu reproduzieren, ist das nicht. Entweder ihr unterschätzt die Macht der Bilder oder ihr wollt genau damit auf Kosten von Frauen Berichterstattung machen. Falls ihr Frauen als Menschen anseht und nicht als kopflose Sexprodukte, die unter jedem Vorwand zur Aufgeilung herhalten sollen – ob es um Prostitution oder um das Rasieren von Schamhaaren geht – lasst diese Bilder sein! KATHARINA EBERSTEIN, Berlin

■ betr.: „Obamas Offensive“, taz vom 10. 7. 09

Obama ist wohl nicht mutig genug

Die taz berichtet, dass Obama im März 2010 auf einem internationalen Atomgipfel in Washington Maßnahmen gegen die Weiterverbreitung von nuklearen Waffen vorantreiben will. Dieser Vorschlag ist nicht neu: Bereits am 5. April in Prag kündigte Obama einen globalen Gipfel zur nuklearen Sicherheit an, zu dem die Vereinigten Staaten innerhalb des nächsten Jahres einladen wollen.

Wozu wird ein Weltgipfel zur nuklearen Nichtverbreitung im März auf Einladung der USA gebraucht, wo ab 3. Mai 2010 in New York ohnehin sämtliche Mitgliedstaaten des nuklearen Nichtverbreitungsvertrages (NVV = Atomwaffensperrvertrag) zu ihrer vierwöchigen Überprüfungskonferenz zusammenkommen. Dort steht nicht nur die Nichtverbreitung auf der Tagesordnung sondern auch die Umsetzung von Artikel VI des NVV, in dem die Atomwaffenstaaten Verhandlungen über die vollständige Abrüstung sämtlicher Nukleararsenale zusagten. Das war 1970!

Sinn ergibt ein Sondergipfel in Washington nur, wenn dort unter Einbeziehung der Nicht-NVV-Mitglieder Indien, Israel, Nordkorea und Pakistan ein Masterplan in die atomwaffenfreie Welt im Mittelpunkt steht. Mit dem Entwurf für eine Nuklearwaffenkonvention liegt ein entsprechender Vorschlag seit 12 Jahren auf dem (UNO-)Tisch. Diesen in die Überprüfungskonferenz des NVV einzubringen, wäre die aussichtsreichste Maßnahme gegen Weiterverbreitung. Dazu ist Obama aber wohl nicht mutig genug.

REGINA HAGEN, Darmstadt

■ betr.: „SPD kämpft gegen sich selbst“, taz vom 14. 7. 09

Altersarmut gezielt erzeugt

Nicht nur das Kurzarbeitergeld ist lohnsenkend. Auch die 1-Euro-Jobs drücken den Einkommensdurchschnitt. Die Ein-Euro-Jobs und Hartz IV sind doch eingeführt worden, um das Lohn- und Gehaltsniveau in Deutschland ganz bewusst abzusenken. Das ist Steinbrück, Rürup, Raffelhüschen und wie sie alle heißen bestens bekannt. Durch die Einführung bestimmter Minderungsfaktoren wurde doch gezielt daran gearbeitet, dass die Altersarmut wiederkommt. MARION MANNECK, Essen

■ betr.: „Angst geht arbeiten“, taz vom 13. 7. 09

Dereguliertes Recht des Stärkeren

Der niedrige Krankenstand ist sehr bezeichnend und viele Ökonomen verfolgen in seiner Deutung wieder einmal die falsche Spur. Denn er zeigt, dass die viel beschworene soziale Marktwirtschaft in der Realität gar nicht mehr existiert. Stattdessen herrscht auf dem deutschen Arbeitsmarkt das deregulierte Recht des Stärkeren, was konkret zur Folge hat, dass Menschen zur Not andere anstecken oder ihre Gesundheit ruinieren.

RASMUS PH. HELT, Hamburg