Krieg war und ist falsch

Prunksters (25) – die wöchentliche Kolumne aus den USA von Henning Kober. Heute: Stolz auf dem Blechdach

Eine Turbo-Prop fliegt rauf nach Reno, Nevada. Lichterlache in der Wüste, weit gestreut. Nachts am besten. „Dann sieht man den ganzen Müll nicht“, sagt Jake und schiebt einen lahmen Subaru mit der Lichthupe von der Spur. Breite Blöcke ragen aus der Horizontlinie, blinken in den Himmel, die Casinos. Grüne Streifen wandern über das Circus Circus, das Atlantis flackert pink. Die Stadt leuchtet wie nervöses Weihnachten.

Durch den Tag malen wir Menschen wie hübsche Monster an die weißen Wände in Jakes Haus. Marianne Faithfull singt. Im Fernsehbild die Jetstones. Bald haben wir Farbe zwischen den Augen. Am Abend fiebert Jake seinen Pontiac über den Freeway – hoch zu Wal-Mart. Da ist gerade mit der Arbeit fertig: Emelie, Jakes Freundin, 17, Lolli in der Backe. Sagt: „Ich bin dumm gearbeitet“, und dreht an einer rötlichen Locke. Vertragliche Freundlichkeit ist nicht so schlimm, fies aber: Unter dem gewaltigen Strahler in der Einkaufshalle gibt es keinen Handy-Empfang. „I love it.“ Das war ironisch. „Wal-Mart isoliert dich von der Welt“, sagt Emelie, weiß aber, dass sie die Bezahlung bald in die weite Welt befördert. Im Sommer nach Irland, wo Vorfahren gelebt haben. Es scheint ihr wichtig.

Emelie ist Jakes Komplizin für eine Konstante der Nacht. „Zum Hilton“, die Losung. Weit glänzen die messingfarbenen Fenster in die Nacht. Vor dem Hauptgebäude eine bunkerartige Betonwanne, darin Spiel ohne Stopp, Pferderennen. Wir kreisen langsam über den menschenverlassenen Parkplatz. Ziemlich genau die Mitte von Nirgendwo. Aus den Boxen spielen „Visitor“, gebastelt von Freund Luomo. Dann tritt Emelie auf die Bremse, Jake springt aus der Türe, an den Rücken eines Dodge Dakota 4 x 4. Kommt zurück mit zwei unterarmgroßen Schleifen, „Support our Troups“ in Gelb und Khaki, magnetisch festgeheftet.

Jake, warum machst du das? „Ärger und Trotz. Es ist wie eine Seuche, alle haben diese Schleifen auf dem Auto. Wahrscheinlich, weil sie an der Supermarktkasse neben den Kaugummis liegen, Made in China, für drei Dollar. Niemand merkt, wie ein Symbol, das für den Kampf gegen Aids stand, vom Militär geklaut wurde. Außerdem war und ist der Krieg falsch. In Wahrheit kleben sich die Leute den Stolz wegen dem Nachbarn auf den Wagen. Den Soldaten, die im Irak sterben, aber hier noch kein Bier kaufen dürfen, hilft das kein bisschen“.

Zu Hause klackt Jake die Beute an seinen Kühlschrank. Bald ist er voll.

prunksters@taz.de