Israel gibt Kontrolle über Jericho ab

Erste Stadt im Westjordanland an Palästinenserbehörde übergeben. Israelische Soldaten behalten aber einen Checkpoint, an dem Ausfahrende überprüft werden

TEL AVIV dpa/taz ■ Nach mehrwöchiger Verzögerung hat die israelische Armee gestern die Kontrolle über die Stadt Jericho an die palästinensische Polizei übergeben. Das bestätigten das Hauptquartier der Armee und die Palästinenserpolizei gestern. Jericho ist die erste Stadt im Westjordanland, die nach der Vereinbarung von Scharm al-Scheich wieder unter palästinensische Aufsicht gestellt wurde. Nach bisherigen Plänen soll als nächstes Tulkarem folgen.

Zwar hatte die israelische Armee fast keine Soldaten in Jericho, kontrollierte aber seit der Intifada im September 2000 alle Zufahrtsstraßen. Dies führte zum Erlahmen der örtlichen Wirtschaft. Israelische Soldaten werden künftig weiterhin am südlichen Stadtrand einen Beobachterposten unterhalten, aber nur noch ausfahrende Fahrzeuge kontrollieren. Die Palästinenser hofften nun, dass Israel das erreichte Abkommen respektieren werde und ihnen mehr Bewegungsfreiheit zugestehe, sagte der regionale Sicherheitschef Ahmed Eid.

Nach Ha’aretz-Informationen schien die Übergabe im letzten Moment gefährdet, weil Palästinenserpräsident Mahmud Abbas angekündigt haben soll, zwei Gefangene aus der Haft in Jericho zu entlassen, darunter PFLP-Sekretär Ahmed Saadat, der in Zusammenhang mit dem Mord an Tourismusminister Rehavam Ze’evi verurteilt wurde. Yuval Steinitz vom Auswärtigen Ausschuss der Knesset sagte, Abbas sei „kein bisschen anders als Arafat“. Außenminister Silwan Schalon nannte die Ankündigung einen „sehr schlechten Schritt“. Es wird vermutet, dass das Versprechen mit Abbas’ Reise nach Kairo zusammenhängen könnte, wo er eine Waffenruhe mit den radikalen Palästinensergruppen festklopfen will.

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