Weder Charme noch Anmut

Bettina Weiguny erzählt die Geschichte von C & A leider nur aus der Chef-Perspektive

So bieder und zweckmäßig wie die Gebäude von C & A sind auch ihre Waren: Kleidung, weil man etwas anziehen muss. Nicht elegant, nicht um sich zu schmücken oder aufzufallen. Seit 165 Jahren ist die Familie Brenninkmeyer damit erfolgreich.

Angefangen hatte alles mit den Wanderhändlern aus dem Münsterland. Schon im 17. Jahrhundert trug Johann Georg Brenninkmeyer in seiner Hausiererkraxe Leinen aus dem nahe gelegenen Tecklenburger Land nach Holland und verkaufte es meterweise an die Bauern auf ihren Höfen. 1841 öffneten Clemens & August Brenninkmeyer ihr Warenlager im niederländischen Sneek für den Direktverkauf und legten damit den Grundstein für die Entwicklung von C & A zum Kaufhaus. Damit standen die Brenninkmeyers nicht allein. Denn auch für die Boeckers, die Hettlages und die Cloppenburgs stand der Leinenhandel am Anfang einer Textilhandelskette.

Bettina Weiguny beschreibt in „Die geheimnisvollen Herren von C & A“ die Entwicklung der Firma von den Anfängen bis heute. Der Titel legt nahe, dass der Erfolg der Brenninkmeyers auf einem Mysterium beruhen soll. Und in der Tat weiß offenbar selbst die Fachwelt wenig über die Betriebsinterna von C & A. Obwohl sie heute auch gut tausend Gewerbeimmobilien und Bürokomplexe in Europa besitzen und verwalten, sind die Brenninkmeyers als Familienunternehmen nicht verpflichtet, ihre Bilanzen zu veröffentlichen.

Auch die Regelung, nach der nur männliche Nachkommen von Clemens und August die Chefsessel des Imperiums besetzen dürfen, sowie der enge Zusammenhalt des inzwischen sehr großen Clans wirken ungewöhnlich. Möglicherweise enthält das Buch von Weiguny in Wirtschaftskreisen bislang unbekannte Details. Für Leser außerhalb dieser Kreise allerdings ist das Buch wenig interessant. Es liest sich wie ein extrem langer Bericht aus dem Handelsblatt: vertextete Statistiken über Gewinnentwicklungen und -einbußen, Rankings der großen internationalen Textilhandelsketten, Berichte über die Eroberung europäischer und weltweiter Märkte sowie über Teilrückzüge.

Stets beschränkt sich die Darstellung auf die Chefetage von C & A, von der aus zudem die anderen Textilhandelsketten ausschließlich als Konkurrenz wahrgenommen werden. Weder die Kunden – „die straßenbahnfahrende Masse“ – noch die Verkäuferinnen und Kassiererinnen oder die Produzenten werden jenseits der Managerperspektive betrachtet. Firmenbiografien, wie sie in den letzten Jahren in Publikumsverlagen zunehmend erscheinen, können neue Facetten unserer Gesellschaft beleuchten. Diesem Buch gelingt das nicht. SABINE VOGEL

Bettina Weiguny: „Die geheimnisvollen Herren von C & A“. Eichborn, Frankfurt a. M. 2005, 232 Seiten, 21,90 €