Rundfunkgebühren für wilde Wellen

SPD und PDS wollen freie Radios finanziell unterstützen. In anderen Bundesländern bekommen sie längst einen Teil der Gebühren – und haben damit größere Chancen auf eine Sendefrequenz. Der Antrag wird heute ins Parlament eingebracht

VON NICO STORZ

Freie Radiosender haben es schwer: Ihnen fehlen nicht nur die festen Frequenzen, sondern auch die finanziellen Mittel. Das könnte sich bald ändern. Die Fraktionen von SPD und PDS wollen heute einen Antrag in den parlamentarischen Ausschuss für Medienpolitik einbringen, der den freien Sendern den Zugang zu öffentlichen Geldern schaffen könnte. Das sei bitter nötig, meint der SPD-Abgeordnete Frank Zimmermann. Denn die experimentierfreudigen freien Radios böten neue Formate, Techniken und Vernetzungen zu anderen Städten, die konventionelle Sender nicht aufbringen können.

Im Unterschied zu privaten und öffentlich-rechtlichen Sendern haben freie Radios keine Werbeeinnahmen und sind dadurch auf Zuwendungen und Rundfunkgebühren angewiesen. Damit Letztere jedoch auch bei den unkommerziellen Radiostationen ankommen, bedarf es laut Rundfunkstaatsvertrag einer „besonderen Ermächtigung durch den Landesgesetzgeber“. Und dies, beklagt die Kampagne für ein freies Radio Berlin-Brandenburg, ist in der Hauptstadt bis heute nicht geschehen.

Finanzielle Sicherheit wiederum ist Grundvoraussetzung für die Erteilung einer Sendefrequenz durch die regionale Medienanstalt MABB. Schon ein Teil der maximalen Förderung von 2 Prozent der hiesigen Rundfunkgebühren wäre ausreichend für die laut Zimmermann „sehr effizient arbeitenden“ Projekte. Bisher mangelt es dagegen vor allem an der notwendigen Grundausstattung.

Doch jetzt besteht die Möglichkeit, dass die beiden Länder „endlich in der medienpolitischen Realität fast aller übrigen Bundesländer ankommen“, in denen unkommerzielle Sender ein fester Bestandteil der Medienlandschaft sind. Der Antrag, der heute durch den Ausschuss in das Abgeordnetenhaus eingebracht werden soll, fordert den Senat zu Verhandlungen mit Brandenburg über eine Änderung des gemeinsamen Rundfunkvertrages auf.

Verhandlungen können natürlich ewig dauern, beklagt sich Oliver Pritzkow von der Radiokampagne. Er hofft auf eine Antragsergänzung der Grünen, die zumindest einen zeitlichen Rahmen festlegen wollen. Zimmermann ist dagegen optimistisch, dass schon diesen Frühling eine Lösung gefunden werden kann.

Der Bedarf für ein freies Radio steht für die Kampagne außer Frage. Projekte wie reboot.fm oder das radioriff, die jeweils für kurze Zeit eine Sendeerlaubnis erhielten, haben in den Augen der Aktivisten bewiesen, dass die Medienlandschaft in Berlin keineswegs so vielfältig ist, wie von der MABB immer behauptet wird. Freie Kanäle wurden in den letzten Jahren stets an kommerzielle Sender vergeben, die „keine Bereicherung der Radiolandschaft in Berlin“ geschaffen hätten. Die freien Radios in Deutschland dagegen setzen auf Vielfalt und Abwechslung. Lokalen Künstlern und Musikern, politischen Initiativen und kulturellen Vereinen soll die Möglichkeit gegeben werden, sich auf einer breiten Basis Gehör zu verschaffen. Der für jeden zugängliche Offene Kanal, der durch die MABB zu bestimmten Zeiten angeboten wird, sei für eine konstante und aktive Arbeit in diesem Sinne keineswegs ausreichend.

Bis sich die Situation der freien Radios in der Region verbessert, ist es noch ein langer Weg. Sie sind im Rundfunkvertrag der beiden Länder nicht vorgesehen. Und selbst wenn sich der Antrag von heute durchsetzt, sind es noch viele Stationen bis zu einer eigenen Frequenz. Die Mitglieder der Initiativen halten trotzdem an ihrer Hoffnung fest. Für sie steht jetzt viel Überzeugungsarbeit an. Schließlich haben, sagt Oliver Pritzkow, die meisten Politiker noch keine Ahnung vom „dritten Weg“ in der deutschen Radiolandschaft.