Der Kampf um den Frieden

Bush-Bashing: Die Berliner Irak-Konferenz machte die momentane Schwäche der Antikriegs-bewegung deutlich: Sie ist zerstritten. Gruppen aus dem pazifistischen Spektrum kamen nicht

„Die US-Politik erklärt sich nicht daraus, dass ein Präsident korrupt oder ein Idiot ist“

Es war voll, es war kontrovers – und es war nicht immer friedlich auf der Internationalen Irakkonferenz, die am Samstag in den Räumen des türkischen Vereins ICAD in Kreuzberg tagte. Insbesondere Gruppen aus dem antiimperialistischen Spektrum der Friedensbewegung hatten das Treffen organisiert – darunter der Deutsche Freidenkerbund und die AG Globalisierung von Attac.

AnhängerInnen und AktivistInnen des pazifistischen Spektrums fehlten jedoch weitestgehend. Dennoch waren rund 150 TeilnehmerInnen zu der bereits im Vorfeld umstrittenen Konferenz gekommen: Die räumliche Enge hinderte schließlich niemanden an heftigen Auseinandersetzungen.

Gleich zu Beginn monierten kurdische TeilnehmerInnen, die ihrer Meinung nach zu einseitige Ausrichtung der Konferenz. Schnell und lustvoll beschimpfte man sich gegenseitig als Saddam-Freunde oder Proamerikaner. Nachdem die KritikerInnen die Konferenz verlassen hatten – offenbar waren sie nur zum Mäkeln gekommen –, gab es auch Raum für differenziertere Stellungnahmen. So erklärte der in London lebende Soziologe und Irakautor der britischen Tageszeitung Guardian, Sami Ramadani, dass er zwar die Meinung der kurdischen Kritiker nicht teile. Er könne sie aber auch nicht pauschal ablehnen: „Erst wenn wir verstehen, was uns das Saddam-Regime angetan hat, können wir uns das Verhalten der Kurden erklären.“ Ramadani sprach sich ebenso eindeutig gegen die Besatzung wie gegen jede Verharmlosung des Baath-Regimes aus, das er als faschistisch bezeichnete. Dafür bekam er verhaltenen Applaus aus dem Publikum – aber auch Missfallensäußerungen waren nicht zu überhören.

Der Diskussionsblock über die Perspektiven der Antikriegsbewegung brachte schließlich wenig greifbare Ergebnisse – aber viele kontroverse Einschätzungen. So wandte sich der ehemalige PDS-Bundestagsabgeordnete Winfried Wolf gegen ein reines Bush-Bashing. „Die US-Politik erklärt sich nicht daraus, dass ein Präsident korrupt oder ein Idiot ist“, wandte er sich gegen ein vorherrschendes Ressentiment. Der im Vorfeld unter anderem von Spiegel-Online erhobene Vorwurf, auf der Konferenz sollten Gewalt und terroristische Aktionen im Irak unterstützt werden, wurde von verschiedenen ReferentInnen vehement zurückgewiesen.

Gleichzeitig betonten aber mehrere TeilnehmerInnen, dass Widerstand gegen die Besatzungssoldaten legitim sei. Aktionen gegen ZivilistInnen wurden als „hässliche Folge“ der Besatzung bezeichnet und entsprechend abgelehnt. Manche TeilnehmerInnen bedauerten, dass es der Konferenz nicht gelungen sei, Menschen über den Kreis der überzeugten BesatzungsgegnerInnen hinaus anzusprechen. Dabei wurde sogar mehrmals der US-Präsident zitiert: „Freie Wahlen unter einer Besatzung sind nicht möglich“, hatte Bush erst kürzlich erklärt, bezogen auf die syrische Truppenpräsenz im Libanon. Sein Satz bekam auf der Konferenz viel Zustimmung.

Konkrete Perspektiven für die Antikriegsbewegung konnte die Konferenz nicht liefern. Obwohl es einen Resolutionsentwurf in den Konferenzmaterialien gegeben hat und einige RednerInnen auch auf eine Verabschiedung drängten, wurde letztlich darauf verzichtet. Die Vorbereitungsgruppe sah allein schon das Zustandekommen der Veranstaltung als einen Erfolg. Denn der sei angesichts der „medialen Hetzkampagne, die Medien von Spiegel-Online bis hin zur linken Wochenzeitung Jungle World“ veranstaltet hätten, nicht so sicher gewesen. Viel Feind – viel Ehr, galt offenbar auch hier. PETER NOWAK