Warten aufs Kind

Der errechnete Geburtstermin ist da, aber das Baby will nicht kommen? Sex, Kräutertee und viel Entspannung können helfen, die Wehen einzuleiten – vorausgesetzt Mutter und Kind sind gesund

VON EVA BLANK

Auch im Zeitalter von Hightechmedizin ist der Geburtstermin nicht vorhersehbar. Nur ein geplanter Kaiserschnitt lässt sich exakt terminieren. Für alle anderen heißt es warten. Was aber tun, wenn das Kind partout nicht kommen will?

Zunächst einmal gilt es festzustellen, ob die Berechnung überhaupt stimmt. Dabei muss der Zeitpunkt der letzten Regelblutung zugrunde gelegt werden –nicht wie viele glauben der tatsächliche Empfängnistermin. Den können Frauen nämlich meistens nicht genau bestimmen. Ausnahmen bestätigen selbstverständlich die Regel. 280 Tage nach Beginn der letzten Periode oder 266 Tage nach dem Zeugungstermin ist der Geburtstermin erreicht.

„Sicherer ist, dass Baby zwischen der neunten und zwölften Woche per Ultraschall zu vermessen. Anhand seiner Größe kann der Zeugungstermin genauer bestimmt werden“, sagt Jasmin Goebel, Hebamme mit eigener Praxis. Ganz ernüchternd ist eine Zahl, die Wolfgang Henrich, Stellvertretender Leiter der Klinik für Geburtsmedizin der Charité am Campus Virchow nennt: „Nur vier Prozent aller Babys kommen pünktlich zum errechneten Termin.“ Kinder sind eben nicht berechenbar. Hebamme Goebel stimmt deshalb ihre Patientinnen darauf ein, das ermittelte Datum nicht so wichtig zu nehmen: „Statt sich verrückt zu machen, sollten Frauen lieber tun, worauf sie Lust haben: ins Kino gehen, Freundinnen treffen und vor allem schlafen und ausruhen, damit sie für die Geburt genügend Kraft haben.“

Denn Zeit geben, da sind sich Schulmediziner und Hebamme einig, kann man einem Kind. „Wenn keine medizinischen Indikationen dagegen sprechen, darf das Baby ruhig noch bis zu zwölf Tagen im Bauch der Mutter bleiben.“ Allerdings engmaschig überwacht: Der Arzt tastet den Muttermund ab, prüft die kindlichen Herztöne, schaut per Ultraschall, ob sich das Kind ausreichend bewegt und ob genug Fruchtwasser vorhanden ist.

Nur bei Komplikationen muss die Geburt eingeleitet werden. Das ist zwar laut Henrich immerhin bei 20 Prozent der Geburten weltweit der Fall. Dabei geht es jedoch nach einem strengen Indikationskatalog. „Solche Komplikationen sind Bluthochdruck der Mutter, Infektionen, Diabetes- oder Nierenerkrankungen der Mutter und Wachstumsverzögerungen oder Versorgungsschwächen beim Kind. Wir wollen der Natur nicht ins Handwerk pfuschen, wenn es nicht nötig ist“, erklärt Henrich. So sieht es auch Jasmin Goebel: „Eine Einleitung aus Ungeduld heraus ist eine unglückliche Entscheidung. Aus einem aktiven Prozess wird ein passiver. Das ist kein Gebären mehr, sondern ein Entbundenwerden. Es ist gut, dass es die Möglichkeit zur Einleitung gibt. Aber die Frauen sollen sich auf ihr Gefühl verlassen und die Geburt mit Ruhe angehen.“ Denn eine Einleitung ist kein Spaziergang für die werdende Mutter.

Die Wehen können sich über Tage hinziehen. Die Frau ist nicht mehr zu Hause, sondern in der Klinik und wird mehrmals am Tag untersucht. Henrich: „Eine Einleitung orientiert sich an der Muttermundsreife. Ist der sehr fest, gibt es vaginale oder orale Medikamente, die den Muttermund weich machen. Manchmal ist das schon Impuls genug für die Wehen, um einzusetzen. Wenn nicht, folgt ein Wehentropf. Geht es dem Kind schlecht, kann es zum Kaiserschnitt kommen.“

Im Internet werden „natürliche“ Wehencocktails angeboten. Davon rät Hebamme Goebel ab. Sie könnten zu Allergien und schwerem Durchfall bis hin zum Kreislaufkollaps führen. Sprechen keine medizinischen Gründe dagegen, kann eine Frau es – unter der Aufsicht ihrer Hebamme – mit sanften Methoden der Geburtseinleitung versuchen: Anwendungen mit Kräutern, Akupunktur und Akupressur haben sich bewährt. Eine der einfachsten Möglichkeiten ist: Sex mit dem Partner. Denn im Sperma des Mannes befindet sich Prostaglandin, ein Stoff, der die Wehentätigkeit anregt.

Was nicht hilft sind schwere Arbeiten, Hausputz oder Treppensteigen – dafür aber Entspannung und ein Umfeld, in dem die Schwangere weiß, das alles stimmt und vorbereitet ist. Sind ältere Kinder gut versorgt, ihre Hebamme oder Ärztin erreichbar, kann sie das Kind beruhigt loslassen.

Frauen, die sich lästige Nachfragen ersparen wollen, verrät Hebamme Goebel einen Trick. Prominente Schwangere geben den Geburtstermin meist deutlich später als errechnet an. So ist die Freude immer groß, wenn das Baby früher kommt als vom Termin her geplant!