Italien will kein Lösegeld mehr zahlen – durchzuhalten ist das nicht
: Neue Pflicht zur Härte

Natürlich muss nicht jede absurde Meldung dementiert werden. Aber die Behauptung, Italien habe Lösegeld für die Journalistin Giuliana Sgrena an die irakischen Entführer gezahlt, wird in allen italienischen Zeitungen mit einer Fülle von Details untermauert: Es sollen 6 bis 8 Millionen Euro bezahlt worden sein, die Übergabe erfolgte in Abu Dhabi, der Mittelsmann war ein Ulema. Da wird Schweigen zur Bestätigung. Die lauen Dementis, die in den letzten beiden Tagen vereinzelt zu hören waren, bestätigen das nur. Einer aus dem Kabinett sagte, das wisse er doch nicht, ob da Geld geflossen sei. Der Justizminister schiebt nach, natürlich sei nicht gezahlt worden, weil das in Italien verboten sei. „Und können Sie sich vorstellen, dass die Regierung etwas Verbotenes tut?“

Man kann. Italien hat es immer so gehalten mit seinen Entführungsfällen: Für die angeblich im Frühjahr 2004 durch Soldaten befreiten drei italienischen Bodyguards floss Cash; für die beiden Simonas gab es im letzten September ein Geldköfferchen – und auch jetzt zahlte die Regierung.

Silvio Berlusconi wollte sich nur zu dem Bekenntnis hinreißen lassen, der Staat habe sich von den Geiselnehmern „politisch“ nicht erpressen lassen. Wohl wahr: Italiens Truppen stehen immer noch im Irak. Aber „ökonomische“ Deals schloss Berlusconi damit nicht aus.

Immerhin: Als der Oppositionspolitiker Giuliano Amato in der Parlamentsdebatte darauf hinwies, Lösegeldzahlungen könnten auch „kontraproduktiv“ sein, nickte der Regierungschef eifrig. Das ist als Zeichen an die USA zu verstehen: Die verpflichten sich zur Aufklärung der Schüsse auf den italienischen Geheimdienstler Calipari – Italien revidiert seinerseits die weiche Linie gegenüber Geiselnehmern. Humanitäre Erwägungen stehen in Zukunft hintan; von „einer zusätzlichen Pflicht“ zur Härte sprach gestern der stellvertretende Ministerpräsident Marco Follini. Diese Linie wird wohl nicht durchzuhalten sein. Denn in Italien nehmen – anders als in den USA – die Menschen noch Anteil an jeder einzelnen Entführungs-Tragödie. MICHAEL BRAUN