Die Zukunft der Fördermittel

Kulturpolitisches Zukunftsforum in Düsseldorf. Fast ein Jahrzehnt Regionale Kulturpolitik in NRW haben Spuren hinterlassen: Positive in den zehn Kulturregionen, negative im Landeshaushalt

AUS DÜSSELDORF PETER ORTMANN

Into the great wide open. Immer wenn es in Nordrhein-Westfalen um Kultur geht, muss Internationalität groß geschrieben werden. Große und kleine Events überziehen das Land. Bei der „Open Space-Konferenz“ zur Evaluation der Regionalen Kulturpolitik (RPK) im Düsseldorfer Kongresszentrum war es gestern nicht anders. Mit dem kulturpolitischen Instrument der RPK sollten 1996 die zehn Kulturregionen gestärkt und ihre Attraktivität erhöht werden. „Das sind ungewöhnliche und tolle Projekte, die dort im Laufe der Jahre durchgeführt wurden“, sagt NRW-Kulturminister Michael Vesper (Grüne) in seiner Rede. Er habe wahre kulturelle Schatzkammern in den Regionen entdeckt, die auch bundesweit Bestand hätten. Da stand er, wie von Flakscheinwerfern angestrahlt am Rand eines Kreises, in dem die Protagonisten aus den Regionen saßen und ihren Ohren nicht trauten. Immerhin ist der Haushaltsansatz für die regionale Kulturpolitik inzwischen über die Hälfte gekürzt worden. Rund 2,4 Millionen Euro stehen für das größte Bundesland Deutschland noch zur Verfügung. Durch zehn geteilt, bleibt da nicht mehr viel übrig, sagt ein Teilnehmer aus der Rheinschiene und muss lachen.

Und so ging es denn „open space“ an diesem Vormittag nur um eins – ums Geld. Organisiert hat die Veranstaltung Reinhard Richter aus Osnabrück, Kulturdezernent im Ruhestand und jetzt freier Kulturberater. „Wer kommt, ist genau richtig“, erklärt er eine Richtlinie der offenen Tagung – Minister Vesper macht sich auf den Weg. Oberstes Gesetz sei Mobilität, sagt Richter. Man solle sich eben niemals langweilen. Dann gehen die rund 200 Teilnehmer in lockere, aber doch vorher lancierte Arbeitsgruppen. So ganz „open“ war dem Ministerium nicht geheuer, wichtigstes Gebot ist das Ergebnis-Protokoll.

Voll ist es in der Arbeitsgruppe „Kritik an der RPK“. Dort erklärt Jürgen Nordt vom Kölner Kulturamt, das eine kontinuierliche Arbeit nicht möglich sei. „Wir müssen und verbiegen, um an die Gelder zu kommen“, sagt er. In einem anderen Arbeitskreis gibt eine Teilnehmerin vom Niederrhein offen zu, das man bei der Antragstellung gelogen habe, dass sich die Balken biegen, nur um Kulturprojekte über einen längeren Zeitraum durchhalten zu können. Die Forderung nach einer mindestens fünfjährigen Fördersicherheit zieht sich durch alle Diskussionskreise.

Besonders schlecht kam die paritätische Lobhudelei quer durch die Regionen von Minister Vesper an. „Wenn das alles so toll ist, warum werden die Mittel für die regionale Kulturpolitik immer weiter gekürzt?“, fragen viele. Größter Dorn im Auge bleibt die RuhrTriennale und der Eventcharakter, den alle Projekte, für die Fördergelder beantragt werden, inzwischen haben müssen. „Wir sollten uns nicht darauf reduzieren lassen“ sagt Rita Viehoff vom Kulturamt Hagen. Über die Jahre seien gute Strukturen entstanden, dazu müsse man stehen. Es müsse weiterhin Geld geben, es müsse wieder mehr Geld geben und die Regeln der Vergabe wolle man selbst aufstellen. Umverteilung und Partizipation, zwei Begriffe, die im Arbeitskreis 9 oft gefallen sind. „Es ist doch genug Geld da“, sagt Regina Sommer vom Haus der Märchen und Geschichten in Aachen. Es könne nicht sein, dass die Triennale im Ruhrgebiet so viel Geld verbrauche, für kleinere Projekte in anderen Regionen dagegen nichts übrig bliebe.

Seit 1996 sind in NRW über 1.000 Projekte mit Hilfe der Regionalen Kulturpolitik entstanden. Insgesamt wurden in den 8 Jahren 35 Millionen Euro Landesmittel verbraucht. Ähnlich viel hat Gerard Mortier für die erste RuhrTrienale auch zur Verfügung gehabt. Dennoch forderte Gerd Herholz von den finanziell gebeutelten NRW Literaturbüros beim kulturpolitischen Diskurs im Arbeitskreis 9 „endlich ein Ende der Jammerei“. Michael Gees vom Consol Theater in Gelsenkirchen würde ein wenig mehr Respekt vom Land für seine Arbeit schon genügen.