Weil sie es wert ist

Die Studie einer Werbeagentur hat ergeben, dass Frauen gar nicht so blöd sind, wie sie in der Werbung dargestellt werden. Frauen sind nicht nur klüger als Männer, sie geben auch mehr Geld aus

VON HEIDE PLATEN

Der Internationale Frauentag kann so schön sein. Besonders dann, wenn frau ihn auf einer Präsentation verbringt, auf der sie erfahren darf, dass die Hälfte des Himmels expandiert und enorm ausbaufähig ist. Gestern Vormittag stellte die Frankfurter Werbeagentur Leo Burnett ihre weltweite Konsumentinnen-Studie „Miss Understood“ vor. Das Fazit gleich vorweg: Männer sind blöder als Frauen.

Im restaurierten und modernisierten Fabrikgebäude im Stadtteil Rödelheim produzierten die Torpedo-Werke in den 30er-Jahren Rennräder für Männer, in den 50ern tippten Frauen auf den mechanischen Schreibmaschinen der Firma. Heutzutage ist Burnett, die u. a. Zigaretten, Küchenutensilien, Druckmaschinen und Zeitschriften bewirbt, in den alten Hallen geschlechterübergreifend kreativ. Dabei habe die Agentur, so die PR-Chefin Katrin Kester, entdeckt, dass Frauen gar nicht so dämlich sein können, wie sie in der Werbung erscheinen, und dass sie das dort präsentierte Abbild überhaupt nicht mögen.

Burnett hat das flugs in einer Studie belegen lassen, die weltweit 600 Frauen befragte. Die Verbraucherinnen waren unisono der nicht so überraschenden Meinung, dass sie es satt hätten, in der Werbung entweder als Dekoration, als Sexualobjekt, als putzendes, treu sorgendes Familientier mit dem ewig schlechten Gewissen oder als zu belehrender Ausbund an Unfähigkeit präsentiert zu werden. Werbung, so die Werber, müsse weiblicher werden. Für diese Kehrtwende brauchte es erst einmal Zahlen: Kaufentscheidungen werden zu 85 Prozent von Frauen getroffen, 54 Prozent der Baumarkt-Kunden sind weiblich, mehr als die Hälfte kaufen PC-Zubehör und Autos, 41,3 Prozent Aktienfonds. Da heiße es dringend, so Kester, „neue Prioritäten“ zu setzen. Nachdem die Zeitschrift Emma vor einigen Wochen „sämtliche Werbung für Frauen in die Tonne getreten“ habe, sei man nun auf neuen Wegen und habe herausgefunden, was Weiblein und Männlein unterscheidet. Die Frau, so das Ergebnis, adaptiere im Gegensatz zum eindimensionalen Mann mit allen Sinnen, sie sei ein vielschichtiges Wesen, das sich nicht durch einfache Reize steuern lasse. In ihren komplexeren Hirnschichten verbinde sie Intelligenz und Emotion und misstraue demzufolge aufgesetzten, klischeehaften Werbebotschaften.

Burnett präsentierte das Ergebnis der Überlegungen als Vorher und Nachher: Die herkömmliche Werbefrau putzt, schnippelt, wäscht, kriegt was erklärt oder hat peinliche Falten. Die neue Adressatin fährt ihr geländegängiges Luxusauto genauso halsbrecherisch über Stock und Stein wie ihr männliches Pendant. Sie muss nicht immer nur schön sein, sie ist Supergirl, prügelt, schießt und seufzt einen Wimpernschlag später beim Anblick eines Brautkleides, sie will den Cowboy nicht mehr als Mann, sondern als Mixtur aus Care-Boy und Pferdeflüsterer. Sie ist zudem preisbewusst.

Burnett lässt prominente Frauen sprechen. Frau, so die Unternehmensberaterin Gertrud Höhler in der Videopräsentation mit ernster Dackelfaltenmiene, sei „Klimafühlerin“, „sie tut es nie nur mit der Ratio“ und solle „in ihrer ganzen königlichen Souveränität“ gezeigt werden. Die Psychologin Susanne Paul riet, „das Mädchen, das Spielerische“ in ihr anzusprechen, Petra Pfaller, stellvertretende Chefredakteurin der Frauenzeitschrift Freundin, wünschte sich „gängige Klischees auf den Kopf gestellt“. „Fünf Wege“, so Burnett, „führen zum Herzen der Frau“: Sie wollen Macht, Heldin sein und die Welt nebst Markenartikel erobern, finden nur sexy, was sie genießen können, möchten „multidimensional“ die Rollen wechseln und verstanden werden, können über sich selber lachen und mögen nicht für dumm verkauft werden.

Burnett weiß, was Frauen wünschen: „Entweder die Marke spornt die Frau an und zeigt sie als mächtige und souveräne Persönlichkeit. Oder sie entlastet von den ganzen Ansprüchen, die an sie gestellt werden, und hilft ihr, mit Humor, Sympathie und Übermut den Alltag zu meistern.“ Die neue Werbestrategie schließt ein, dass demnächst bei Werbespots öfter auf Kosten der Männer herzlich gelacht darf. Zum Beispiel dann, wenn der Depp die Wäsche in die Geschirrspülmaschine füllt. Aber, so Kester, auch wieder nicht zu sehr: „Wir wollen doch die Männer nicht verschrecken.“ Doch auch die dürfen demnächst lachen, wenn die kluge Königin sich fürderhin mit einer Antifalten-Creme verwöhnt, von der sie vorher gesagt bekommt, dass diese rein gar nichts bewirkt. Auch egal, denn wenn Frau erst einmal für eine Marke gewonnen ist, dann bleibt sie ihr „manchmal ein Leben lang“ treu.