Erstes Einlenken in Honduras

HONDURAS Putschregierung schlägt Neuwahlen und ein Referendum vor. Präsident Zelaya hält an seinen Rückkehrplänen fest. Die Bevölkerung des Landes bleibt gespalten

VON RALF LEONHARD

Vorverlegte Präsidentenwahlen und ein Referendum über die Rückkehr des abgesetzten Präsidenten Manuel Zelaya werden von der Interimsregierung in Tegucigalpa als Auswege aus der Krise angeboten. Der international isolierte Übergangspräsident Roberto Micheletti ruderte bereits zurück, bevor am Freitag José Miguel Insulza, der Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), eintraf.

Die OAS hatte der Putschregierung ein 72-stündiges Ultimatum gestellt, die verfassungsmäßige Ordnung wiederherzustellen. Dieses läuft am Samstag ab. Widrigenfalls will die kontinentale Staatengemeinschaft die Mitgliedschaft von Honduras suspendieren. Dafür gibt es einen einzigen Präzedenzfall: den Ausschluss des revolutionären Kuba im Jahre 1962. Auch das blutigste Putschregime musste bisher nicht mit Sanktionen rechnen, mit der Ausnahme von Haiti nach dem Staatsstreich gegen Aristide im Jahre 1991.

Insulza gab vor seiner Abreise nach Honduras bekannt, er reise nicht, um zu verhandeln, sondern um „gemeinsam mit Vertretern mehrerer Länder diplomatische Schritte zu setzen, damit Demokratie und Rechtsstaatlichkeit wiederhergestellt werden und Präsident Manuel Zelaya Rosales wieder eingesetzt wird“. Insulza zeigte sich in einer Pressekonferenz in Guayana aber nur mäßig optimistisch. Zelaya selbst, der nach der Vereidigung des neuen Präsidenten von Panama, Ricardo Martinelli, zunächst nach Managua flog, ist inzwischen nach El Salvador weitergereist. Er hielt zuletzt an seinen Rückkehrplänen für dieses Wochenende fest.

Die Bevölkerung in Honduras bleibt gespalten. Während alle traditionellen Parteien und die Unternehmerschaft hinter Armee und Übergangsregierung stehen, mobilisieren die Volksorganisationen täglich zugunsten der Wiedereinsetzung Zelayas. Meist werden die Demonstranten mit Tränengas und Schlagstöcken erwartet, wie zuletzt in Tegucigalpa. Anführer von Volksorganisationen werden verfolgt. Andrés Tamayo, ein bekannter Priester und Umweltaktivist, bat um Geleitschutz ins Ausland. Das Zentrum für Frauenrechte spricht von 60 bis 100 Festnahmen. Ernesto Bardales, der Koordinator einer Jugendorganisation, Javier Canales vom Bloque Popular in San Pedro Sula, mehrere Lehrer und andere Aktivisten seien bei ihrer Festnahme durch Einheiten der 105. Brigade geprügelt worden. Auch die Presse bleibt geknebelt. Rommel Alexander Gómez Mejía von Radio Progreso klagte, Militärs hätten ihm sein Arbeitsgerät geraubt. Die Gewerkschaftsführerin Iris Munguía, die mehrere Tage verschollen war, ist inzwischen freigelassen worden.

Gleichzeitig zeigten die Zelaya-Gegner in der Wirtschaftsmetropole San Pedro Sula ihre Stärke. Mehrere tausend Menschen in weißen Hemden demonstrierten dort, dass sie keine Zustände wie in Venezuela wünschen.

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