Neu-Ausländer suchen Rat

Einige tausend Deutsch-Türken müssen in Köln womöglich um ihre deutsche Staatsangehörigkeit fürchten. Experten raten nur den wirtschaftlich Gesicherten, sich beim Ausländeramt zu melden

VON SUSANNE GANNOTT

Der Beratungsbedarf ist groß: Täglich melden sich drei bis vier Kölner bei Turan Özcücük, die um den Verlust ihrer deutschen Staatsangehörigkeit fürchten, weil sie nach dem 1. Januar 2000 wieder die türkische Staatsangehörigkeit angenommen haben. Turan Özcücük ist hauptberuflich Sozialberater und dazu Mitglied des Integrationsrates. Er schätzt, dass „etliche tausend“ Deutsch-Türken in Köln von dem Passus im neuen Staatsbürgerrecht betroffen sind, der seit Wochen bundesweit Schlagzeilen macht (taz berichtete).

Sie müssten sich jetzt eigentlich beim Ausländeramt melden und eine Aufenthaltserlaubnis beantragen. Und, wenn sie noch wollen, auch ihre Wieder-Einbürgerung. Vorher indes sollten sie sich von einer unabhängigen Stelle, etwa bei der Arbeiterwohlfahrt, beraten lassen, rät die Kölner PDS. Im Verwaltungsausschuss schlug sie gestern vor, das Ausländeramt möge solche Beratungsstellen „kooperierend unterstützen“. Der Ausschuss lehnte dies jedoch einstimmig ab.

„Leute, bei denen alles normal ist, sollten sich sofort beim Ausländeramt melden und ihre Wiedereinbürgerung beantragen“, sagt PDS-Ratsherr Jörg Detjen. Denn die Verordnung des NRW-Innenministeriums, die diese Fälle von Ausbürgerung wegen illegaler „doppelter Staatsangehörigkeit“ regelt, sei „relativ großzügig“. Allerdings gelte sie nur für sechs Monate, „und wer weiß, was die Behörden dann machen.“

Auch Özcücük rät den Betroffenen, die zu ihm kommen, sich beim Ausländeramt zu melden. Allerdings nur, „wenn ihre wirtschaftliche und soziale Situation in Ordnung ist“. Andernfalls könnte eine übereilte Selbstanzeige gravierende Folgen haben, erklärt er. Zwar bekämen auch Arbeitslose zunächst eine befristete Aufenthaltserlaubnis erteilt, „aber die kann ein paar Monate später widerrufen werden“ – etwa wenn jemand von Arbeitslosengeld oder ALG-II leben muss. Wie die Kölner Ausländerbehörde mit solchen Fällen umgehen wird, kann Özcücük noch nicht abschätzen. Deshalb hat er jetzt im Integrationsrat eine Anfrage an die Stadtverwaltung gestellt, um zu klären, wie die Behörde mit ausgebürgerten Deutschen verfahren will – und woher sie weiß, ob ein Deutscher einen anderen Pass hat.

Tatsächlich erfahren die Behörden nur über Umwege, ob jemand neben seiner deutschen auch eine andere Staatsbürgerschaft besitzt. Denn nach dem Zuwanderungsgesetz ist niemand verpflichtet, eine zweite Staatsangehörigkeit anzugeben, erklärt Ozcücük. Auch Dagmar Dahmen, Leiterin der Kölner Ausländerbehörde, bestätigte vor kurzem dem Runden Tisch für Integration, sie erfahre das nur „zufällig“ – etwa wenn der deutsche Pass abläuft und verlängert werden soll.

Ozcücük vermutet, dass in solchen Fällen über die deutschen Konsulate in der Türkei eine Anfrage bei den türkischen Behörden gestellt wird – oder die Betroffenen gezwungen werden, eine solche Bescheinigung aus der Türkei beizubringen. Den ganzen Ärger hätte man sich sparen können, wenn die Eingebürgerten rechtzeitig ein deutsches Familienstammbuch angelegt hätten, sagt er. Diesen Rat habe den Neu-Deutschen aber offenbar niemand gegeben. „Und jetzt ist es dafür natürlich zu spät.“