Bali-Attentate: Prediger zu Haft verurteilt

Indonesisches Gericht verurteilt den radikal-islamischen Kleriker Abu Bakar Bashir wegen einer „Verschwörung“ zu zweieinhalb Jahren Haft. Der Vorwurf einer Beteiligung an den verheerenden Anschlägen wurde aus Mangel an Beweisen fallen gelassen

AUS BANGKOK NICOLA GLASS

Der radikal-islamische Geistliche Abu Bakar Bashir ist gestern zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Das Gericht in Indonesiens Hauptstadt Jakarta sah es als erwiesen an, dass der 66-Jährige in die Bombenanschläge auf der Ferieninsel Bali im Oktober 2002 verwickelt war. Damals waren 202 Menschen getötet worden. Dem Angeklagten konnte überzeugend nachgewiesen werden, dass er an einer „schändlichen Verschwörung“ beteiligt gewesen sei, sagte der Vorsitzende Richter Soedarto gestern. Die Staatsanwaltschaft hatte acht Jahre Gefängnis für Bashir gefordert.

Ursprünglich hatte die Anklage Bashir die direkte Beteiligung an der Planung der Bali-Attentate vorgeworfen. Als mutmaßlicher Führer des regionalen Terrornetzwerks Jemaah Islamiyah, dem Kontakte zu Ussama Bin Ladens al-Qaida nachgesagt werden, soll Bashir zu besagten Bombenanschlägen aufgerufen haben. Dieser Hauptanklagepunkt aber wurde während des seit Oktober laufenden Prozesses aus Mangel an Beweisen und wegen fehlender Zeugenaussagen wieder fallen gelassen. Zugleich sprachen die fünf Richter Bashir gestern von der mutmaßlichen Beteiligung am Attentat auf das Marriott-Hotel in Jakarta im August 2003 frei. Zum Zeitpunkt des Anschlags, bei dem zwölf Menschen starben, hatte der radikale Kleriker im Gefängnis gesessen. Wären die Ankläger mit dem Terrorismus-Vorwurf durchgekommen, hätte das Verbrechen mit dem Tode bestraft werden können.

Bashir selbst sagte nach der Urteilsverkündung, er werde von „Leuten im In- und Ausland“ unterdrückt. Schon mehrfach hatte der radikal-islamische Geistliche die in Indonesien gängigen Verschwörungstheorien bemüht, wonach hinter den Anschlägen der Westen selbst, vorzugsweise die USA steckten, um Indonesien als Terrornest brandmarken zu können. Seine Anhänger forderte er auf, ruhig zu bleiben. Zudem kündigte Bashir an, in die Berufung gehen zu wollen. Die USA und Australien hingegen kritisierten den Richterspruch als zu milde. Man respektiere zwar die Unabhängigkeit der indonesischen Gerichte, so ein Sprecher der US-Botschaft in Jakarta. Man sei aber in Anbetracht der Schwere der Anklage enttäuscht von der Länge der Strafe. Auch Australiens Außenminister Alexander Downer erklärte gestern, sein Land würde „gern eine längere Strafe sehen“.

Die bislang gescheiterten Versuche, Bashir mit dem Terror auf heimischem Boden in Verbindung zu bringen, offenbaren das Dilemma der indonesischen Justiz. Wenn Kritiker Indonesiens Behörden Versagen in der Terrorbekämpfung vorwerfen, haben sie damit aber nur bedingt Recht. Denn die Crux im Fall Bashir bestand darin, dass stets eindeutige Beweise für dessen Schuld fehlten. Nicht zuletzt aufgrund des fehlenden Zugangs der indonesischen Justiz zu Zeugen, die sich weiterhin in US-Gewahrsam befinden. Bei der Urteilsverkündung erhoben viele von Bashirs Anhänger die Fäuste und riefen „Gott ist der Größte“. Einige sprangen auf die Stühle. Polizisten bildeten Ketten, um sie zurückzuhalten.

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