Finanzberatung für Jugendliche

Ein Modellprojekt des Diakonischen Werks in Osterholz-Scharmbeck will Schülern und Schülerinnen den richtigen Umgang mit Geld beibringen. Eine Expertin: Von den Eltern lernen sie den nicht

Auf der linken Waagschale liegen Klötze für Lohn und Kindergeld. Rechts türmen sich Hölzer, die für Kosten wie Miete, Handy, Strom und Versicherungen stehen und das Budget kräftig nach unten ziehen. Mit einer Waage verdeutlicht die Schuldnerberaterin Angelika Leuning, wie schnell Einkünfte durch laufende Kosten aufgefressen werden können. Sie steht vor einer zehnten Klasse der Kooperativen Gesamtschule Hambergen, die an einem Modellprojekt des Diakonischen Werkes in Osterholz-Scharmbeck teilnimmt. Dessen Ziel: Junge Leute davor bewahren, in die Schuldenfalle zu tappen.

Davon, sagen Experten, gibt es nämlich immer mehr. Manche von ihnen, wie Marius Stark vom bundesweiten „Präventionsnetzwerk Finanzkompetenz“, fordern deshalb sogar, Finanzwissen in einem Schulfach zu lehren. Nach seiner Überzeugung sollte der richtige Umgang mit Geld zum Alltagswissen gehören – „wie Lesen und Schreiben“.

Dass das notwendig sein könnte, zeigt das Beispiel der Zehntklässler. „Was ist ein Dispokredit?“, fragt Leuning die Schüler und Schülerinnen. Niemand weiß die Antwort. Und auch Begriffe wie „Bürgschaft“ und „Nettolohn“ sind nicht klar. Einen Haushaltsplan kennt kaum jemand. Dafür ergibt eine Nachfrage, dass etliche von ihnen ihr Konto bereits überziehen dürfen. „Viele wissen überhaupt nicht, was sie ausgeben“, sagt die Schuldnerberaterin.

Das Problem mit den Wissenslücken: Wer den Umgang mit Geld nicht richtig lernt, läuft Gefahr, später seine Kredite nicht mehr zurückzahlen zu können. „Minderjährige Jugendliche haben in der Regel kein Schuldenproblem, aber danach beginnt die Gefahr“, sagt Stark vom Präventionsnetzwerk. Laut dem Schuldenreport 2009 sind derzeit in Deutschland mehr als drei Millionen Haushalte überschuldet. Sozialverbände wie die Diakonie befürchten, dass die Wirtschaftskrise diese Zahl noch in die Höhe treiben wird.

Nach den Erfahrungen von Beraterin Angelika Leuning fehlen den Jugendlichen oft Vorbilder. „Die Eltern selbst leisten keinen Verzicht. Alles anschaffen, und das sofort – das ist vielfach die Devise.“ Verantwortung für das eigene Leben bedeute aber auch, zu akzeptieren, dass man sich bestimmte Dinge einfach nicht leisten könne. „Sich in dieser Hinsicht selbst zu kontrollieren, fällt vielen schwer.“

Dieter Sell

Internet: www.praeventionsnetzwerk-finanzkompetenz.de; www.diakonisches-werk-ohz.de