Rüffel fürs Volk

Schlechte Karten für die HWP: Das Hamburgische Verfassungsgericht verhandelt über die Zulässigkeit eines Volksbegehrens „Rettet die Bildung“

„Das ist eine tolle Forderung, beinahe so schön wie: Wir zahlen keine Steuern mehr“

Von Markus Jox

Wilhelm Rapp erinnerte ein wenig an einen Großvater, der seinem vom Rad gestürzten Enkel zum Trost ein Bonbon zusteckt, ihn aber gleichzeitig ermahnt, im Straßenverkehr künftig besser aufzupassen. Der Präsident des Hamburgischen Verfassungsgerichts machte den studentischen Initiatoren vom AStA der Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik (HWP) in der gestrigen mündlichen Verhandlung über die Volksinitiative „VolXUni – Rettet die Bildung“ freundlich im Ton, aber knallhart in der Sache klar, dass es schlecht um ihr Anliegen steht.

15.000 Hamburger Wahlberechtigte hatten im Herbst 2003 die Volksinitiative unterschrieben. Damit war eigentlich die Hürde für ein sich anschließendes Volksbegehren locker übersprungen worden. Senat und Bürgerschaft waren jedoch vor Gericht gezogen, da sie der Meinung sind, dass das Volksbegehren Abgaben und Haushaltsangelegenheiten berührt und deshalb nicht durchgeführt werden darf. Sie verwiesen lapidar auf Artikel 50 der Hamburgischen Verfassung: „Haushaltsangelegenheiten, Abgaben, Tarife der öffentlichen Unternehmen sowie Dienst- und Versorgungsbezüge können nicht Gegenstand einer Volksinitiative sein.“

In mindestens zwei wesentlichen Punkten ließen die Richter keinen Zweifel daran, dass sie die Rechtsauffassung des Senats teilten. Zum einen beim Verlangen der Studis, „dass an Hamburger Hochschulen keine Gebühren für ein Studium erhoben werden“ dürften. „Das ist ja eine tolle Forderung“, kommentierte Rapp spitz, „beinahe so schön wie ‚Wir zahlen keine Steuern mehr‘“. Allerdings verstoße das Petitum „relativ eindeutig“ gegen den Artikel 50. „Wir sind doch alle Juristen und haben gelernt, was Abgaben sind“, dozierte Rapp – „nämlich Steuern, Beiträge und eben Gebühren“.

Auch die Forderung, „dass das Studienplatzangebot nachfrageorientiert ausgebaut wird, sodass alle StudienplatzbewerberInnen im Rahmen des Möglichen den von ihnen beantragten Studienplatz auch erhalten“, stieß auf größte Skepsis. Zwar sei „nicht jedes finanzwirksame Gesetz eine Haushaltsangelegenheit“, räumten die Richter ein. „Viel zu unbestimmt“ sei andererseits die Formulierung: „Indem Sie ‚im Rahmen des Möglichen‘ sagen, nehmen Sie doch im Prinzip wieder alles zurück“, mussten sich die AStA-Vertreter vorhalten lassen: „Das bedeutet doch Steine statt Brot für Sie.“ Es sei schon „klar, dass die öffentlichen Finanzen nicht unbegrenzt vorhanden sind“, antwortete Studi-Anwalt Joachim Schaller kleinlaut.

„Sie gaukeln doch den Leuten vor, dass jeder seinen Studienplatz nach Wunsch bekommen könnte“, hatte zuvor bereits Justiz-Staatsrat Carsten Lüdemann (CDU) die HWP-Studis attackiert. Wenn bekannt würde, dass Hamburg seine Studienplätze nachfrageorientiert ausbaue, „dann kämen wir doch ins Uferlose“.

Am 22. April will das Verfassungsgericht seine Entscheidung verkünden. Dann dürfte klar sein, ob es überhaupt noch zu einem Rumpf-Volksbegehren kommt – etwa über das Anliegen, dass die HWP als eigenständige Hochschule zu erhalten sei. Diesbezüglich hat die Bürgerschaft längst Fakten geschaffen: Zum 1. April wird die HWP in die Universität Hamburg eingegliedert.