Wahlergebnis offiziell bestätigt

Wächterrat sieht nur geringfügige Unregelmäßigkeiten. Ahmadinedschad will Tod der Studentin Neda untersuchen lassen

Zum Schutz gegen Knüppelschläge trugen sie einen Koran auf dem Kopf

VON BAHMAN NIRUMAND

Der Wächterrat, die höchste für die Wahlen zuständige Instanz, bestätigte am Montag das umstrittene Ergebnis der Präsidentschaftswahl und erklärte den amtierenden Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad zum Sieger. Der Rat hatte nach eigenen Angaben 10 Prozent der Stimmen nachzählen lassen und angeblich keine nennenswerten Fehler feststellen können. Der Vorsitzende des Wächterrats, Ajatollah Ahmad Dschannati, teilte in einem Schreiben an das Innenministerium mit, bei der Neuauszählung seien „keine größeren Unregelmäßigkeiten“ der Abstimmung sowie der Stimmauswertung festgestellt worden. Somit sei das Wahlergebnis offiziell.

Der unterlegene Kandidat Mir Hossein Mussawi beharrt dennoch auf Neuwahlen. In einer am Dienstag im Internet veröffentlichten Erklärung wiederholte er seine Forderung, eine Kommission zur Überprüfung der gesamten Wahl einzusetzen. Solange dies nicht geschehe, seien Neuwahlen nötig.

Auf die parallel für Montagnachmittag angekündigte Bildung einer Menschenkette verzichteten dann die Demonstranten. Auf den Straßen und Plätzen der Hauptstadt waren die Sicherheitsmaßnahmen massiv verstärkt worden. Statt wie verabredet auf einem Platz sammelten sich Demonstranten auf verschiedenen Plätzen. Dabei trugen die meisten nach Augenzeugenberichten zum Schutz vor Knüppelschlägen einen Koran auf dem Kopf, denn es wäre eine Sünde, auf das Heilige Buch zu schlagen. Dennoch kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen.

Das Regime geht weiter unvermindert repressiv vor: Nach wie vor werden Verletzte aus den Krankenhäusern abgeführt, Privatwohnungen auch nachts überfallen und Bewohner in Haft genommen. Dennoch hallten auch in der Nacht zum Dienstag verstärkt von den Dächern die Rufe: Nieder mit dem Diktator, Allahu akbar (Gott ist mächtig).

Nach Angaben der Justiz befinden sich rund fünfhundert Menschen in Haft, die Opposition schätzt ihre Zahl auf 2.000. Was mit den Gefangenen geschehen soll, wird nach Angaben des Justizsprechers Aliresa Dschamschidi ein vom Justizchef eingesetzter Ausschuss entscheiden. Damit solle sichergestellt werden, dass es zu fairen Prozessen komme.

Geheimdienstminister Mohsseni Edschehi teilte in der heiligen Stadt Ghom der Presse mit, es gäbe drei Gruppen von Gefangenen. Die erste bildeten jene, die bei den Unruhen Führungsfunktionen hatten. Sie würden bis zu einer „grundsätzlichen Entscheidung“ festgehalten. Bei der zweiten Gruppe handele es sich um „Konterrevolutionäre“, die die Situation ausgenutzt und das Feuer der Unruhen geschürt hätten. „Sie werden noch lange im Gefängnis bleiben müssen.“ Die dritte Gruppe schließlich bestehe aus einfachen Bürgern, die von der Protestwelle mitgerissen worden oder ahnungslos in den Zug der Demonstranten getrieben worden seien. Diese seien entweder bereits entlassen worden oder würden demnächst freigelassen werden.

Siegessicher fühlte sich Präsident Ahmadinedschad zu einer „netten Geste“ berufen. Er wies die Justiz an, den Fall der Studentin Neda zu untersuchen, die Verantwortlichen zu finden und zu bestrafen. Neda war bei den Demonstrationen niedergeschossen worden. Zur Begründung verwies der Präsident auf die „vielen erfundenen Berichte und weit verbreitete Propaganda ausländischer Medien“ über diesen „herzzerreißenden Zwischenfall“.