Lauter wird’s nicht!

Die ARD-Anstalten schalten heute das Funksystem ab, das für durchdringende Verkehrsnachrichten gesorgt hat

Das Abschalten von Rundfunktechnologien kommt in letzter Zeit in Mode. Kaum hat das analoge terrestrische Fernsehen erst in Berlin, dann in den anderen Ballungszentren der Bundesrepublik sein letztes Signal gesendet, müssen nun noch einige Autofahrer damit rechnen, dass ihr Autoradio nicht mehr so funktioniert, wie sie es gewohnt sind. Keine Angst: Das Radio als solches muss nicht gleich auf den Schrott geworfen werden. Das spielt weiter Musik, Hörspiele und Nachrichten ab. Nur auf ARI, das „Autofahrer-Radio-Informationssystem“, muss man ab dem 1. März verzichten.

Dann will die ARD das System, das seit 1974 läuft, endgültig abstellen. ARI, das war das erste Verkehrsfunksystem, das den Autofahrer auch informierte, wenn er gerade den Kassettenrecorder eingeschaltet oder die Lautstärke des Programms heruntergefahren hatte. Eingeleitet wurden die Verkehrsmeldungen mit dem so genannten Hinz-Triller, benannt nach seinem Erfinder, dem ehemaligen Technischen Direktor des Deutschlandfunks, Werner Hinz. Das ist dieser kurze, etwas schrille Ton zu Beginn der Verkehrsmeldungen. Ursprünglich schaltete dieser Ton die Autoradios auf den Verkehrsfunkempfang um, hob die Lautstärke an oder unterbrach die Kassettenwiedergabe, um vor Unfällstellen, Staus oder Geisterfahrern zu warnen.

Seit 1988 gibt es eine Weiterentwicklung: RDS (Radio Data System). Das nunmehr digitale Verfahren kann ein bisschen mehr. Es überträgt Informationen über aktuelle Verkehrsmeldungen in gerade nicht eingestellten Programmen und schaltet das Radio automatisch kurzfristig auf diese Welle um. Darüber hinaus lassen sich kleine Texte – seien es die reine Stationskennung oder Informationen über den gerade gespielten Musiktitel – übermitteln. Außerdem hat RDS den Vorteil, dass es sich um ein europäisch einheitliches System handelt, während ARI nur in den deutschsprachigen Ländern genutzt wurde.

1995 sind die letzten Autoradios verkauft worden, die noch einen ARI-Decoder eingebaut hatten. Bei der ARD geht man davon aus, dass diese nun weitgehend vom Markt verschwunden sind und alle Autos jetzt über einen RDS-Decoder verfügen. Wahrscheinlich ist, dass die alten ARI-Radios es noch tun, nur die Blechkarossen drum herum ihre letzte TÜV-Ölung längst hinter sich haben. Wer jetzt dennoch ein Gerät nur mit ARI-Decoder hat, der wird ab kommenden Dienstag sich einen Wecker mit ins Auto nehmen müssen, der ihn rechtzeitig um fünf nach voll daran erinnert, seine Verkehrsdurchsagen abzuhören. Nur der Hinz-Triller verstummt nicht. Er wird bei einigen Sendeanstalten weiter genutzt, um senderintern bestimmte Schaltvorgänge zu signalisieren. JÜRGEN BISCHOFF