Mubarak kündigt Verfassungsreform an

Ägypter sollen künftig ihren Staatspräsidenten direkt und unter mehreren Kandidaten wählen können

KAIRO taz ■ Überraschend hat der ägyptische Präsident Husni Mubarak am Wochenende eine Verfassungsreform angekündigt, die den Weg frei macht für Präsidentschaftswahlen, bei denen sich mehrere Kandidaten dem Volk präsentieren können.

„Das ist ein großer Schritt, aber noch viele müssen folgen, bis man von einer wirklichen Demokratie in Ägypten sprechen kann“, erklärt der Politologe Hassan Nafaa von der Kairo-Universität. Vor allem müsste jener Paragraf der Verfassung geändert werden, der es dem Präsidenten erlaube, sein Amt auf Lebenszeit auszuüben. Am allerwichtigsten sei die Abschaffung des Ausnahmezustandes, denn mit diesen Einschränkungen sei eine Wahlkampagne nicht möglich.

Mubarak forderte das Parlament auf, die Verfassung so zu ändern, dass der Präsident direkt vom Volk in geheimer Abstimmung unter mehreren Kandidaten gewählt wird. Er sprach sich für die Gründung einer unabhängigen Wahlkommission aus und redete einer freien Presse das Wort, die er als rechten Arm der Demokratie bezeichnete. Bisher musste sich das Parlament mit einer Zweidrittelmehrheit auf einen Kandidaten einigen, den das Volk in einem Referendum absegnete. Mubarak ist seit 1981 alle sechs Jahre nach diesem Prozedere bestätigt worden.

Im Herbst wäre das nächste Referendum fällig gewesen, aber diesmal hatte sich im Land und auf der internationalen Bühne Widerstand formiert. Drei politische Gruppen, die Linke, Islamisten und Nasseristen hinter sich vereinigten, hatten zum letzten Mal vor einer Woche zu einer Demonstration vor der Kairo-Universität aufgerufen. Ihr Slogan lautete „Kifaya“ – genug.

Die Opposition reagierte positiv auf Mubaraks Ankündigung. Mohammed Mehdi Akef, spiritueller Führer der verbotenen, aber tolerierten Muslimbrüder, meinte, der Entscheid zeige, dass das Regime verstanden habe, dass das Volk Reform und Wandel wolle. ASTRID FREFEL

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