Wattenmeer wird Welterbe

UMWELTSCHUTZ Das Feuchtgebiet an der Küste erhält den prestigeträchtigen Unesco-Titel. Prompt will Hamburg seinen Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer nachmelden

Das Wattenmeer steht nun auf einer Stufe mit dem Grand Canyon

AUS HAMBURG GERNOT KNÖDLER

Die UN-Kulturorganisation Unesco hat das Wattenmeer am Freitag in seine Welterbeliste aufgenommen. Sie würdigt damit die Bemühungen der Niederlande, Deutschlands und Dänemarks, das riesige Feuchtgebiet an der Nordseeküste zu erhalten. Dem Wattenmeer wird damit der gleiche Wert zuerkannt wie dem Grand Canyon in den USA, dem Great Barrier Reef vor Australien und den Galapagosinseln.

Das Welterbekomitee der Unesco hat bisher insgesamt 721 Stätten in 124 Ländern auf seine Liste gesetzt. Davon gelten 554 als Kulturerbe und 144 als Naturerbe. In Deutschland steht mit der Fossilienfundstätte Grube Messel bisher nur ein Ort auf der Naturerbeliste.

Die Bundesregierung und die betroffenen Länder freuten sich über die Entscheidung. „Das ist ein großer Tag für den Naturschutz in Deutschland“, sagte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD). Die Aufnahme in die Liste ist Auszeichnung und Verpflichtung zugleich. Zum Welterbe erklärt werden können nach den Regeln der Unesco nur „einzigartige Naturlandschaften, deren Untergang ein unersetzlicher Verlust für die ganze Menschheit wäre“. Mit dem Titel lässt sich prächtig renommieren. Er verpflichtet die Heimatstaaten aber auch dazu, das Erbe zu schützen und zu pflegen, etwa indem sie Managementpläne für ihre Gebiete erarbeiten.

Das Wattenmeer besteht aus 13.000 Quadratkilometern zusammenhängender Wattfläche – vom niederländischen Den Helder bis Esbjerg in Dänemark. Das entspricht der Fläche Schleswig-Holsteins. 10.000 Quadratkilometer davon gehören zu Nationalparks und Naturschutzgebieten. Zuletzt hatte das dänische Parlament 2008 beschlossen, seinen Teil des Wattenmeeres zum Nationalpark zu erklären.

In Deutschland fehlen allerdings 137 Quadratkilometer beim Welterbe. Hamburg hatte den Antrag nicht unterstützt – obwohl auch der Stadtstaat seinen Teil an der Elbmündung 1990 zum Nationalpark erklärt hat. Zum Zeitpunkt der Anmeldung Anfang 2008 befürchtete der damalige CDU-Senat, der Titel könnte die im Planfeststellungsverfahren befindliche weitere Elbvertiefung gefährden. Seit März regieren die Grünen (GAL) mit. In ihrem Koalitionsvertrag hatten CDU und GAL vereinbart, das Gespräch wiederaufzunehmen, wenn das Wattenmeer als Welterbe anerkannt werden sollte. Am Freitagnachmittag bereits erklärte der Senat, man wolle den Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer zum 1. Februar nachmelden.

Das Besondere am Wattenmeer ist sein Reichtum an Arten und Biomasse. Ungeschützt ist es Ebbe und Flut, Wind und Eis ausgesetzt. An den Krebsen, Muscheln und Würmern, die im Sand und im Schlick hausen, fressen sich zwölf Millionen Zugvögel und sechs Millionen Brutvögel satt: Knutts und Ringelgänse, Austernfischer, Säbelschnäbler und Küstenseeschwalben. Scholle, Seezunge und Hering haben hier ihre Kinderstube. Von den 3.200 Tierarten, die man im Wattenmeer antrifft, sind 250 nur hier zu finden.