PFERDE ALS OPFER VON CHRISTIANE MITATSELIS
: Zittern bitte nur im Stall!

Pferdesportler präsentieren sich gern als noble Tierfreunde, so wird es in dieser Woche beim CHIO in Aachen, dem Weltfest des Pferdesports, auch wieder sein. Doch die Stimmung im Aachener Ryders Circle, in dem sich Reiter, VIPs und Sponsoren bei Champagner und Häppchen begegnen, wird in diesem Jahr nicht die beste sein.

Der Skandal um Dressurreiterin Werth, deren Nachwuchspferd Whisper positiv auf das Psychopharmakon Fluphenazin getestet wurde, illustriert ein Dilemma. Die fünfmalige Olympiasiegerin gibt an, sie habe dem Pferd nur das Leben erleichtern wollen. Der Tierarzt habe sich aber in der Abbauzeit des Präparats getäuscht, deshalb der positive Test Ende Mai in Wiesbaden. Hinter Werths Erklärung kann man eine Strategie vermuten, denn sie impliziert das von Springreiter Ludger Beerbaum angestimmte, zurzeit sehr populäre Gejammer, Reiter müssten das Recht haben, ihre Pferde zu behandeln. Schließlich dürften auch menschliche Sportler ihre Wehwehchen kurieren. Bei Pferden sei dies aber aufgrund der schrecklichen „Nulllösung“ nicht möglich. Im Wettkampf dürfen im Pferdekörper – bis auf ein paar Ausnahmen – keine wirksamen Substanzen festgestellt werden.

Was die Reiter in diesem Zusammenhang gern übersehen, ist, das Wohl des Pferdes über alles zu stellen. Keinesfalls sollen nicht fitte Pferde in den Wettkampf geschickt werden, daher die Nulllösung. Tierärzte weisen immer wieder darauf hin, dass Pferde jederzeit behandelt werden dürfen. Nur haben sie dann in einem Wettkampf nichts zu suchen, da sie Zeit zur Rekonvaleszenz brauchen. Der Fall Werth ist nun bedenklich, da sie ihr Pferd mit einem Medikament behandelt hat, dass in der Pferdemedizin nicht zugelassen ist. Gegen Whispers Zitterkrankheit gibt es bisher keine anerkannte Therapie; Veterinäre empfehlen, Pferde, die an dieser Krankheit leiden, in Ruhe zu lassen – und eine Ernährungsumstellung vorzunehmen. Keinesfalls sollte man ihnen die Qual eines Wettkampfes zumuten.