Polit- und Holzmafia am Amazonas

Die Mörder Dorothy Stangs sind geständig, der Auftraggeber noch auf der Flucht

PORTO ALEGRE taz ■ Zwei Wochen nach der Ermordung der Nonne Dorothy Stang im Amazonasgebiet hat die brasilianische Bundespolizei einen der Auftraggeber identifiziert: Nach den Aussagen der drei Beteiligten, die in der letzten Woche verhaftet wurden, soll ein noch flüchtiger Farmer und Sägewerkbesitzer für den Mord umgerechnet 15.000 Euro in Aussicht gestellt haben. Weitere Komplizen sind bereits im Visier der Ermittler.

Präsident Lula sagte unterdessen, für das Verbrechen seien „einige Unternehmer der Holzbranche“ verantwortlich, die wegen der härteren Gangart der Regierung in Amazonien empört seien. Diese Erklärung zweifeln Stangs Mitstreiter von der katholischen Landpastorale an, denn bislang war Brasília kaum gegen die mafiosen Machtstrukturen in Pará vorgegangen. Staatsanwälte hatten die Regierung bereits vor anderthalb Jahren detailliert über das Gewaltpanorama in der Region informiert. Sechs namentlich genannte Unternehmer, die am illegalen Holzeinschlag und am Drogenhandel beteiligt seien, fungierten demnach als „Strohmänner“ des Bundesabgeordneten Jader Barbalho. Der mächtige und notorisch korrupte Parlamentarier der Zentrumspartei PMDB, ein früherer Gouverneur und Senator, gehört zu Lulas Parlamentsmehrheit und zu seinen wichtigsten Verbündeten in Pará.

Dorothy Stang war in Anapu an mehreren Entwicklungsprojekten beteiligt. Immer wieder hatte sie Verantwortliche für den räuberischen Landerwerb, Raubbau und die Gewalt gegen Kleinpächter benannt, so auch vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Doch die „Entwicklung“ Amazoniens durch Holzfäller, Viehzüchter und Sojaexporteure wurde weiterhin mit Millionenkrediten gefördert. Für Umweltinspektoren, Juristen, Polizisten oder die Landreform ist hingegen kaum Geld da. GERHARD DILGER