Protest aus der Ferne

Nur wenige Demonstranten gegen den Bush-Besuch. Dafür wittert die Polizei Beleidigungen minutengenau

Der Besuch des US-Präsidenten George W. Bush in Mainz und Wiesbaden hat die Berliner relativ unberührt gelassen. Nur rund 30 Menschen folgten gestern Abend dem Aufruf von „Vote44“, am Brandenburger Tor gegen Bush zu demonstrieren. Die Protestaktion der Auslandsamerikaner stieß aber umso mehr auf Unbehagen bei der Polizei. Um 18:15 Uhr beschlagnahmte sie 16 Plakate mit der Aufschrift „Wanted Kriegsverbrecher: George W. Bush“. Dies sei eine Beleidigung und strafbar, solange Bush im Lande weile, erklärte ein Polizist vor Ort. Nach Angaben von Nachrichtenagenturen war Bush um 18:16 Uhr vom Flughafen Frankfurt gen Bratislava abgeflogen.

Bereits am Vormittag hatten zwei Protestkundgebungen stattgefunden. Trotz Schneegestöbers versammelten sich knapp 20 Mitglieder der PDS vor der US-Botschaft in Mitte. „God bless America with reason“, also „Gott segne Amerika mit Vernunft“ stand auf ihren Protestplakaten. „Wir hoffen, damit ein Zeichen zu setzen“, sagte Rolf Kutzmutz, Bundesgeschäftsführer der PDS. „Wir wollen den Protest nicht den Mainzern überlassen“, fügte PDS-Sprecher Hendrik Thalheim hinzu. Der Protest richte sich nicht pauschal gegen Amerika, sondern gegen die Politik des Präsidenten und den Irakkrieg, hieß es.

Zur gleichen Zeit wehte vor der Amerika-Gedenkbibliothek (AGB) die deutsche Flagge auf halbmast. Zehn FriedensaktivistInnen von der „Initiative Soziales Berlin“ hatten sie eigens dafür mitgebracht. In einer von Polizei und Wachschutz tolerierten Aktion hissten die ProtestlerInnen für fünf Minuten die Flagge am leeren Fahnenmast vor der Bibliothek. „Wir wollen damit die Trauer der Berlinerinnen und Berliner über die vielen Opfer der Bush-Kriege zum Ausdruck bringen“, erklärte Mitveranstalter Andreas Lüdecke. Eigentlich habe man den Senat aufgefordert, alle öffentlichen Flaggen auf halbmast zu setzen. „Aber dafür braucht der Senat wohl unsere Unterstützung“, so Lüdecke. Die Generaldirektorin der AGB, Claudia Lux, kritisierte die Aktion. „Ich bin darüber nicht informiert worden. Das ist ein Eingriff ins Hausrecht und nicht o.k.“, sagte sie zur taz. Alle anderen schienen jedoch zufrieden. Nach einer Viertelstunde war die ganze Aktion vorbei. Nur die Deutschlandflagge wollte keiner so recht mit nach Hause nehmen. ANNE BECKER, ANNA STARK

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