Im Kosmos gehen die Lichter aus

Das Kino Kosmos war das erste Multiplex-Kino der Stadt – nun könnte es das erste sein, das schließt. Der Insolvenzverwalter will den Betrieb zum 1. August einstellen. Discobetreiber als Investor in Sicht

VON JAN ROSENKRANZ

Wenigstens haben sie bis nach der Berlinale gewartet. Doch als alle Bären verteilt waren, die Lichter aus, die Stars verschwunden – da kam die brutale Realität zurück in die Stadt. „Da kamen so ein paar Bengel, und die haben uns klipp und klar gesacht, jetzt is Schluss hier“, sagt eine Dame, die im Foyer des Kino Kosmos hinterm Tresen steht.

Die Bengel kamen vom Düsseldorfer Insolvenzverwalter Friedrich Wilhelm Metzeler, der die Geschicke der Ufa Theater AG lenkt. Ihr gehörte dieses Kino, bis sie im Mai 2004 Pleite ging. Der Betriebsrat hatte die Bengel zu dieser Belegschaftsversammlung eingeladen. Und seit diesem Mittwoch wissen nun auch die 27 fest angestellten Mitarbeiter, dass ihr Kino in der Friedrichshainer Karl-Marx-Allee mit seinen zehn Sälen und mehr als 3.400 Plätzen zum 1. August schließen wird – und sie dann entlassen werden.

Das Mitte der 90er-Jahre umgebaute Kosmos war das erste Multiplex-Kino der Stadt; nun wird es wohl das erste sein, das wieder schließt. Vom Insolvenzverwalter gibt es bislang keine offizielle Bestätigung dafür. Man möchte sich dazu nicht äußern, solange die Verhandlungen laufen. „Wir reden mit potenziellen Interessenten und dem Betriebsrat“, sagte Insolvenzverwalter Metzeler.

Doch aus dem Kosmos hallt vehementer Widerspruch: „Mit uns hat niemand geredet, wir sind viel zu spät informiert worden“, teilt der verärgerte Betriebsrat mit – und offenbar auch nur zur Hälfte. So habe bereits am 17. Februar ein Mann um Besichtigung des Hauses gebeten – und sich als neuer Nachmieter vorgestellt. Der Mietvertrag sei schon unterschrieben.

Der große Unbekannte heißt Olaf Ponesky und betreibt im A 10-Center in Wildau südlich von Berlin die Großraumdisco „The New World“ – was Schlimmes ahnen lässt. Doch gegenüber der Berliner Zeitung hat er gesagt, dass er nicht die Absicht habe, das Kino in eine Großraumdisco umzuwandeln.

Statt eines Multiplex-Kinos schwebt ihm offenbar eher ein „multikulturelles Gebäude“ vor, in dem Kino eine große Rolle spielen soll – wie immer das aussehen mag. Für Nachfragen war Ponesky gestern nicht zu erreichen. Und wie gesagt: Man befinde sich noch mitten in Verhandlungen, heißt es unisono aus Disco und Kanzlei. Nach Angaben des Betriebsrates sei beim Bezirksamt jedoch schon ein Antrag auf Nutzungsänderung gestellt worden.

Das Kosmos war Anfang der 60er-Jahre zwischen den Stalinbauten der Karl-Marx-Allee errichtet worden. Mit seinen über 1.000 Sitzen war es der größte Kinosaal Ostberlins. Nach neunmonatigen Umbauarbeiten war das Haus im Dezember 1996 als Multiplex-Kino eröffnet worden. 50 Millionen Mark hatte die Ufa damals in neun zusätzliche unterirdische Kinosäle und eine Tiefgarage investiert. Das war neu. Doch das blieb es nicht für lange. Andere Kinos zogen nach. Es folgten Probleme, dann die Insolvenz und jetzt die Schließung.

„Wir müssen das erst einmal verdauen“, heißt es aus dem Betriebsrat. Fest stehe bereits, dass die Belegschaft die Schließung nicht klaglos hinnehmen will. Konkrete Aktionen seien zwar noch nicht geplant, aber man denke bereits darüber nach, wie man auch die Anwohner mobilisieren könne.

„Dit Schlimme is doch“, sagt die Frau hinterm Tresen, „det am Ostbahnhof jetzt noch een Kino uffmachen soll.“ Es gebe ja bald mehr Kinos als Zuschauer. Für Entspannung auf dem Kinomarkt sorge das bestimmt nicht. Darum dürfte es trotzdem schwer werden, einen neuen Job zu finden. Die meisten Mitarbeiter seien ja auch schon ein paar Jahre dabei – am längsten der Filmvorführer. Er hat noch im Babylon gelernt, aber dieses Kino soll auch schließen. Am 1. März, zumindest übergangsweise.