Kleine Königin statt Zuckermaus

Kinder müssen lernen, nein zu sagen, und Erwachsene müssen ihnen dabei helfen – das ist der Schlüssel zu wirksamer Missbrauchsprävention, sagt die Autorin Sabine Blattmann, die bei „Schattenriss“ ihr Buch vorstellte

Der böse Wolf lebtmeist in der eigenenFamilie oder im engsten Kreise

Bremen taz ■ „Ich bin doch keine Zuckermaus“ hieß der Montagabend in der Arbeitnehmerkammer. Im Rahmen der bundesweiten Kampagne „Kein Kind kann sich alleine schützen“ des Vereins Schattenriss hat die Autorin Sabine Blattmann ihr gleichnamiges Kinderbuch vorgestellt.

Ihre Botschaft: Kinder können sich nicht alleine wehren und nur schwer artikulieren, wenn ihnen etwas nicht gefällt oder gar angetan wurde. Und: Kinder brauchen klare Vorbilder. Heldin in Blattmanns Buch ist ein sechsjähriges Mädchen, das lernt, nein sagen zu dürfen, alleine über ihren eigenen Körper zu entscheiden – und auch Ängste zuzulassen.

Das mit dem Eingestehen der Ängste, so Blattmann, falle Erwachsenen aber oft noch viel schwerer als Kindern. Und so werde das Thema Missbrauchsprävention zwar für wichtig und nötig gehalten, aber doch irgendwie als unangenehm empfunden. Aber, betont die Autorin: „Prävention soll keine Angst machen, sondern stärken. Die Verantwortung muss von den Erwachsenen übernommen werden.“

Blattmann will weg vom alten Klischee: „Geh nicht mit dem fremden Mann, nimm kein Bonbon von Fremden, mach nicht die Tür auf“ – „olle Kamellen“, findet die Kinderbuchautorin. Der böse Wolf lebt meist in der eigenen Familie oder im engsten Kreise: in der Schule, im Kindergarten, in der Nachbarschaft. Das sind zwar keine neuen Erkenntnisse, aber sie sind für Sabine Blattmann immer noch nicht bekannt genug. „Wir müssen in den Dialog mit den Kindern gehen. Wir müssen immer wieder nachfragen und den Kindern Angebote zum Reden machen“, fordert sie deshalb, denn: „Kinder geben klare Zeichen – wir müssen sie nur sehen!“

Dazu gehöre auch, Gefühle in all ihrer Unterschiedlichkeit zu akzeptieren und den Kindern dabei zu helfen, sie auszudrücken. Gefühle sind gut – aber nicht alle sind schön. „Kinder müssen lernen zu unterscheiden zwischen dem angenehmen Kribbeln im Bauch und dem tonnenschweren Stein im Magen.“

„Onkel, ich will nicht mehr auf deinen Schoß“, sagt die Sechsjährige in Blattmanns Buch, und sie sagt auch, was sie sonst will und was nicht. „Ich bin meine eigene Königin“ – das erkennt die kleine Heldin am Ende der Geschichte, und das ist für Blattmann auch der Schlüssel zur Prävention: „Die Brücke zu unseren eigenen Gefühlen muss geschlagen werden. Wir müssen spüren, dass alles an unserem Körper uns gehört.“ Es gibt eben keine Zuckermäuse zum Vernaschen. Martina Möller