Opas Wiedergeburt als deutsche Eiche

Schweden testet eine neue Begräbnismethode: Schockgefroren, in einer Rüttelanlage pulverisiert, sollen die Reste als Humus der Anfang von Blumen oder Bäumen sein. Die Erfinderin sieht vor allem hohen ökologischen Nutzen

STOCKHOLM taz ■ „Aus Erde entstanden, zu Erde sollst du werden“ – seit zwanzig Jahren sucht die schwedische Biologin Susanne Wiigh-Mäsak nach einer Bestattungsmethode, die „dem Respekt vor dem Leben gerecht“ wird. „Ich wollte etwas entwickeln, das buchstäblich den Kreislaufgedanken verwirklicht: Tod als Voraussetzung für neues Leben.“

Jetzt gab die Regierung in Stockholm grünes Licht für Wiigh-Mäsaks Bestattungsmethode. Sie sei einer praktischen Erprobung gegenüber „sehr positiv“ eingestellt, so Lena Hallengren, die als Ministerin für Vorschule, Jugend und Erwachsenenbildung komischerweise zuständig ist.

Gefriergetrocknet und vibriert – so lässt sich die mittlerweile in 35 Ländern patentierte Methode zusammenfassen. Der tote Körper wird zunächst auf Gefrierschranktemperatur tiefgekühlt und anschließend in ein Stickstoffbad bei minus 196 Grad getaucht. Worin er zu spröder Härte erkaltet. In einer Rüttelanlage leicht durchvibriert oder Ultraschallwellen ausgesetzt, zerfällt er aufgrund seines Eigengewichts in pulverkleine Bestandteile. Nach der Trocknung in einer Vakuumkammer bleibt etwa ein Drittel des ursprünglichen Körpergewichts in Pulverform übrig – passt in einen etwas schuhkartongroßen Minisarg. „Der Erde wird so viel schneller zurückgegeben, was ihr gehört“, so Wiigh-Mäsak.

So schnell und rückstandsfrei geht die organische Umwandlung vor sich, dass der Sarg mit seinem Inhalt – Zahnquecksilber und möglicherweise einoperiertes Metall ist vorher ausgesondert worden – nur in einer Tiefe von 30 cm bestattet werden muss. Ein poröser Sarg soll es sein, aus Kartoffel- oder Maisstärke oder aus Torf gepresst. Der Tote kommt der oberen Humusschicht zugute und trägt schon in der folgenden Wachstumsperiode dazu bei, Blumen blühen, Bäume wachsen zu lassen. Wiigh-Mäsak: „Nun kann man wirklich einem Kind sagen: Schau, dein Großvater ist eine Eiche geworden.“

Die weltweit erste Pilotanlage soll von der Firma Aga im kommenden Jahr im südschwedischen Jönköping errichtet werden. Schwedens protestantische Kirche hat die Methode mittlerweile abgesegnet. Deren Oberhaupt, Erzbischof K. G. Hamar, begrüßt die „Naturperspektive“. Auch Anders Eckerdal, Dompropst in Linköping, sieht es positiv: „Warum sollten wir nicht bejahen, was besser für die Natur ist?“ Einwände kommen von der Bestattungsbranche, die großen Bedarf sieht, erst einmal ethische Fragen zu klären.

Die Erfinderin, die auf der westschwedischen Insel Orust eine Gärtnerei betreibt, versteht auch, wenn die neue Methode auf manche Menschen erst einmal schockierend wirkt: „Natürlich ist das ein Tabuthema. Aber das unsere Verstorbenen eine Umweltbelastung sind, war ja auch lange ein Tabu.“

In einer Gefrierkammer der Begräbniskapelle von Jönköping warten vier tiefgefrorene Verstorbene – dass die Pilotanlage fertig wird. REINHARD WOLFF

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