berliner szenen Traumpost (7)

Wege der Sehnsucht

Ich sitze am Rand einer großen Bühne. Nadja Auermann kommt. Sie checkt die Bühne ab und führt mit jemandem einen Tanz auf. Plötzlich bin ich auch auf der Bühne und drehe mich zur Musik im Kreis. Auf Zehenspitzen, das eine Bein unbeweglich in der Mitte, das andere lasse ich in einem Affentempo drum herum kreisen. Mir wird davon ziemlich schwindelig, außerdem frage ich mich, ob ich hier überhaupt so tanzen darf, schließlich ist das Nadjas Auftritt. Weil es aber so einen riesengroßen Spaß macht, muss ich einfach weiterdrehen.

Als ich merke, dass niemand mehr zu Nadja guckt, lasse ich mich ausdrehen und verkrieche mich im Schatten unter Bühnenbrettern. Nadja kommt hinterher und macht mir große Komplimente, wie toll ich getanzt hätte, und fragt, woher ich das könne. Ich versuche es mit „flow“ zu erklären und Nadja nickt wissend. Meine Schwester ist da und bringt das Thema auf die Sehnsucht. Sie fragt ungeduldig, wie man merkt, ob man Sehnsucht hat. Ich sage, die Sehnsucht bahnt sich einen Weg, körperlich oder seelisch, und kommt irgendwo raus. Nadja nickt wissend. Meine Schwester ist immer noch unzufrieden.

Ich will in die Skalitzer Straße gehen. Meine Schwester rät mir, einen weißen Punkt auf meine Stirn zu malen. Ich tue es ohne Spiegel, hoffe, dass er richtig sitzt, und komme in einem Supermarkt an. Es schreit aus einer Schachtel. Neben mir ist ganz viel Spinat. Ich horche dran und der Schrei kommt wieder. Ich finde die schreiende Packung und bringe sie zum Filialleiter. Der lächelt arrogant. Gott kommt mit hochgeschlagenem Mantelkragen herein. Er hat ein Kind auf dem Arm, das er vom Kindergarten abgeholt hat. Ich gebe Gott den Spinat und wache auf.

KATHARINA HEIN