Tote in Teheran, Kritik aus dem Regierungslager

JEKATERINENBURG/TEHERAN afp/dpa/rtr | Während der schweren innenpolitischen Krise im Iran hat Präsident Mahmud Ahmadinedschad im fernen Russland über das Ende der Großmächte philosophiert. Breit grinsend sprach er am Dienstag in Jekaterinburg vor der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) und verkündete: „Die kapitalistische Ordnung zieht sich zurück.“ Es sei „vollkommen klar, dass die Ära der Weltmächte vorbei ist und nie wiederkommen wird“.

In Teheran gab ein Sprecher des Wächterrats bekannt, das umstrittene Ergebnis der Präsidentschaftswahl vom vergangenen Freitag werde sorgfältig geprüft. Dabei könne es auch – falls notwendig – zum Nachzählen „strittiger Stimmen“ kommen (siehe Seite 4).

Die iranischen Medien bestätigten gestern, dass es am Rande der Großdemonstration von hunderttausend Anhängern der Opposition am Montag sieben Tote gab. Als sich die Menge bei Einbruch der Dunkelheit aufzulösen begann, versuchte offiziellen Darstellungen zufolge eine Gruppe von Demonstranten, das Gebäude einer Miliz zu stürmen und in Brand zu stecken. Daraufhin wurden aus dem Gebäude Schüsse auf die Demonstranten abgegeben.

Die Proteste haben sich inzwischen auf zahlreiche Orte im ganzen Land ausgeweitet. Der Nachrichtenagentur Irna zufolge nahm die Polizei allein in Schiras im Südiran etwa 100 Menschen bei Demonstrationen nahe der Universität fest.

Auch aus dem iranischen Regierungskreisen meldeten sich kritische Stimmen zu Wort. Parlamentspräsident Ali Laridschani verurteilte das Vorgehen der Polizei gegen Studenten: „Was bedeutet das, wenn Studenten mitten in der Nacht in ihren Schlafräumen angegriffen werden?“, zitierte ihn die Nachrichtenagentur Irna. Dafür trage das Innenministerium die Verantwortung. „Das Parlament wird dies sehr genau verfolgen.“

Nach Oppositionsangaben wurden mehrere Reformer festgenommen. Der frühere Vizepräsident Mohammed Ali Abtahi sei am Dienstagmorgen abgeführt worden, teilte sein Büro mit. Er hatte im Wahlkampf den Reformkandidaten Mehdi Karrubi unterstützt. Bereits am Montag war der prominente Reformer Said Hadscharian festgenommen worden. Die amtliche Nachrichtenagentur Fars meldete, mehrere Menschen mit „antirevolutionären“ Absichten seien seit Montag verhaftet worden. Bei ihnen seien Material zum Bau von Sprengsätzen und Waffen gefunden worden.