Letztes Euthanasie-Verfahren endet

Landgericht Gera kann Prozess gegen verhandlungsunfähige Angeklagte nicht eröffnen

GERA/JENA dpa ■ Das bundesweit letzte Verfahren um die Tötung psychisch Kranker und körperbehinderter Menschen in der Nazizeit ist eingestellt worden. Die verdächtige 89-jährige Ärztin Rosemarie Albrecht sei dauerhaft nicht verhandlungsfähig, entschied das Landgericht Gera gestern. Die ehemalige Medizin-Dekanin der Universität Jena wird beschuldigt, 1941 einer Patientin in der Psychiatrieklinik Stadtroda absichtlich überdosierte Schlafmittel verordnet zu haben. Albrecht hat den Vorwurf stets abgestritten.

Unter der euphemistischen Tarnbezeichnung Euthanasie begannen die Nationalsozialisten 1940, missgebildete Kinder und psychisch kranke Erwachsene systematisch zu töten. Dem von 1941 an geheim gehaltenen Programm fielen bis 1945 bis zu 130.000 Menschen zum Opfer. Die Stadtrodaer Klinik war in Thüringen eines der Zentren des „Euthanasie-Programms“.

Nach vierjährigen Ermittlungen hatte die Staatsanwaltschaft Gera vor einem Jahr Anklage gegen Albrecht erhoben. Auslöser waren Hinweise in ihren Stasi-Akten. Die Anklage stützte sich mangels lebender Zeitzeugen auf die Krankenakte der Patientin, die unter Schizophrenie litt und von Albrecht behandelt worden war. Laut Gericht widersprachen sich die von Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Landgericht eingeholten medizinischen Gutachten zur Todesursache der Patientin völlig.