Edmund kann besser googeln als Gerd

Stoiber und Schröder streiten auch am politischen Aschermittwoch weiter über den Zusammenhang zwischen der hohen Arbeitslosigkeit und den Erfolgen der NPD. Der CSU-Chef holt sich seine Argumente gegen die SPD jetzt aus dem Internet

VON LUKAS WALLRAFF

Du bist schuld an der NPD, nein, du bist schuld, denn wenn du sagst, ich sei schuld, dann bist in Wirklichkeit du selber schuld, und überhaupt, du leidest unter Realitätsverlust, also, jetzt wird’s ja immer besser, wenn du sagst, ich leide unter Realitätsverlust, dann ist es doch so, dann muss ich dir klar sagen, du leidest selber unter Realitätsverlust, und überhaupt, du solltest deine Koffer packen und abtreten, ha, das ist gut, das würde dir so passen, wirklich witzig, wenn du so was sagst, kann ich das nur ein Pfeifen im dunklen Keller nennen.

So geht es zwischen Edmund Stoiber und Gerhard Schröder jetzt seit Tagen hin und her, und so ging es auch gestern, am „politischen Aschermittwoch“ weiter. Seit der ehemalige Kanzlerkandidat dem Kanzler vorwarf, sein Versagen in puncto Arbeitslosigkeit mache die rechtsextreme NPD erst stark, liefern sich die beiden starken Männer von SPD und CSU ein hitziges, wütendes und zuweilen nur noch bizarres, albernes Wortgefecht. Fast scheint es so, als holten sie nun nach, was sie vor drei Jahren bei ihren braven, sterbenslangweiligen TV-Duellen versäumten.

Damals, 2002, tat sich Stoiber sogar bei seinem großen Heimspiel, dem traditionellen Aschermittwochsauftritt vor den CSU-Fans in der Passauer Nibelungenhalle, schwer, weil er sich nicht entscheiden konnte, wie er sich geben sollte: Als Staatsmann oder als Haudrauf. Inzwischen gibt es eine neue Halle und einen neuen Stoiber. Von Vorsicht keine Spur mehr. Die Empörung bei den Rot-Grünen über seine simple Gleichung „Gerhard Schröder = Massenarbeitslosigkeit = Erfolg der NPD“ konterte er gestern mit einer sinngemäßen Wiederholung und einem clever ausgedachten Gegenangriff. Genüsslich zitierte Stoiber aus einer „Handreichung für Ortsvereine“, die SPD-Chef Franz Müntefering höchstpersönlich ins Internet gestellt habe.

Unter „We-we-we-Es-Pe-De-de“, so Stoiber, könne jedermann nachlesen: Arbeitslosigkeit und fehlende Perspektiven treiben den extremen Rechten Proteststimmen zu. Und auch Schröder selbst habe früher Ähnliches gesagt. „Da ist es eine Heuchelei, wenn sie heute den Zusammenhang bestreiten!“

Im auch von Stoiber beschworenen gemeinsamen Kampf der Demokraten gegen die NPD wird die Aufrechnerei kaum helfen. Nur Stoiber hilft sie, und sei es, um zu zeigen: Ich kann einfach alles besser als der Kanzler, sogar im Internet googeln.

Auf jeden Fall hat er einen guten Redenschreiber. Alles wurde abgehandelt, vom Adoptionsrecht für Homopaare bis zum Schleuser-Untersuchungsausschuss, in dem Stoiber auch die Verantwortung des Kanzlers für den Visa-Missbrauch klären will. „Was wusste er davon? Hat er das zugedeckt oder nicht?“ Hängen blieben vor allem drei Lieblingsthemen, die in Variationen ständig wiederkehrten. Erstens: die Arbeitslosigkeit. Zweitens, damit verknüpft: die Faulheit des Kanzlers. Drittens: die Doppelmoral der Grünen. Die zeige sich beim Menschenhandel (Visa!), bei der Nachhaltigkeit (Schulden!) und beim Türkei-Beitritt (Menschenrechte!). Nur zur Schuld der Grünen an der NPD, da fiel Stoiber nichts ein.