Briten happy, Deutsche skeptisch

Während die britischen Entwicklungsverbände die G-7-Erklärung vom Wochenende zum Schuldenerlass feiern, betonen die Deutschen in gewohnter Manier die Defizite

BERLIN taz ■ Die Reaktionen auf die Schuldenerlass-Erklärung der Industrienationen zeugen von internationaler Arbeitsteilung. In Großbritannien herrscht angesichts der Absichtserklärung der G-7-Gruppe vom Wochenende, einen vollständigen Schuldenerlass für die ärmsten Länder der Welt anzustreben, großer Optimismus. „Das G-7-Treffen brachte bessere Ergebnisse als erwartet“, sagt Romilly Greenhill von der Entwicklungsorganisation ActionAid. Die britische Regierung sieht die reichsten Länder der Welt sogar „auf Kurs, im Sommer ein weitreichendes Abkommen über Schuldenerlass, Entwicklung und Handel zu unterzeichnen“.

In Deutschland erklärt dagegen das große Bündnis von Entwicklungsverbänden „Entwicklung braucht Entschuldung“, von der „100-Prozent-Entschuldungs-Initiative“ dürfe „man nicht allzu viel erwarten“. In London hätten die Minister bloß „mit letzter Kraft verhindert, sich durch weitere Selbstblockaden lächerlich zu machen“, sagt Susanne Luithlen vom Entschuldungsbündnis.

Die G-7-Staaten bekunden in ihrer Londoner Schlusserklärung erstmals die „Bereitschaft“, 37 Staaten der „Initiative für die hoch verschuldeten armen Länder“ (HIPC) „nach Einzelfallprüfung und bis zu 100 Prozent zu entschulden“. Klar ist dabei: Bislang handelt es sich um Absichtserklärungen. Konkrete Arbeitspläne sollen im April beim Frühjahrstreffen der Weltbank beschlossen werden. „Wir sind ermutigt durch die Ankündigungen der G-7-Staaten“, sagt Helen Palmer von Oxfam in London: „Nach diesen Ankündigungen können sie es sich nicht leisten, keine Taten folgen zu lassen.“ Zwar hätten die USA den vom britischen Schatzkanzler Gordon Brown vorgeschlagenen zusätzlichen „Marschallplan“ für Schuldenerlass kategorisch ausgeschlossen. „Dafür gibt es eine neue Allianz zwischen Großbritannien, Deutschland und Frankreich“, so Palmer, „auch wenn es verschiedene Ideen gibt, das Ziel zu erreichen.“

Luithlen kritisiert dagegen, dass die „Begutachtung der Schuldtragfähigkeit der Länder weiter in der Hand der Gläubiger bleibt – nach den Kriterien von Weltbank und Währungsfonds“. Solange dies nicht durch unabhängige Gremien erfolge, bleibe der Prozess „interessengeleitet“ und „an wirtschaftspolitische Auflagen geknüpft, die oft die Armut vergrößert haben“. Außerdem würden „nicht alle Länder, die es nötig haben, entlastet“.

Und was sagt die Politik? „Das G-7-Treffen in London war ein erster Schritt“, so Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul. Jetzt „sollten wir uns nicht in einer Diskussion über Instrumente verzetteln, damit wir nicht am Ende ohne Ergebnis dastehen“. S. GRIMBERG