Dänemarks Sozis unattraktiv

Bei den Parlamentswahlen gilt ein Sieg der Koalition des rechtsliberalen Ministerpräsidenten Rasmussen als sicher. Die Beteiligung am Irakkrieg ist unbeliebt, dürfte aber nicht wahlentscheidend sein. Sozialdemokraten sind erschreckend blass

AUS STOCKHOLM REINHARD WOLFF

Schluss mit der Mitverantwortung für Folter. Dänische Soldaten raus aus dem Irak. Parolen aus dem Wahlkampf in Dänemark? Man sollte sie erwarten, wenn das Land als Besatzungsmacht agiert. Doch Regierung wie Opposition verstecken diese Themen. Die einen, weil sie sich das Ja zum Krieg mit falschen Fakten erschwindelten, die anderen, weil sie dies schlafmützig zuließen. So versuchte eine Initiative von 271 KünstlerInnen und Intellektuellen kurz vor der Parlamentswahl am Montag noch das Irakthema auf die Agenda zu setzen – mit einem Appell und einer Antikriegsdemonstration heute in Kopenhagen.

Umfragen zufolge ist eine Mehrheit gegen den Verbleib der dänischen Soldaten im Irak. Doch die Wahlentscheidung dürfte das kaum beeinflussen. Die WählerInnen hatten sich beim letzten Urnengang 2001 auch nicht von einem ähnlichen „Aufruf der 141“ beeindrucken lassen. Das damalige Motto: „Deine Stimme für eine anständige Partei!“ Die Dänische Volkspartei (DF) und der wachsende Einfluss ihrer fremdenfeindlichen Ideologie auf die Einwanderungspolitik des Landes sollten gestoppt werden.

Der Filmemacher Lars von Trier war einer derer, die damals zum „Ende der Toleranz für die Intoleranz“ aufgerufen hatte. Jetzt fehlt eine solche Initiative. Nicht nur, weil das Ausländerthema angesichts einer kaum vorstellbaren weiteren Gesetzesverschärfung nicht nach vorn drängte. „Nein, ich habe resigniert“, sagt von Trier: „Früher war ja die Sozialdemokratie eine Alternative. Das ist sie nicht mehr.“ Die Sozialdemokraten versäumten es, sich gegenüber der Regierungskoalition aus Konservativen und der rechtsliberalen Venstre von Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen zu profilieren. Stattdessen drifteten sie nach deren Erfolg mit einem rechtspopulistischen Regierungskurs ebenfalls nach rechts. Weite Teile der Ausländerpolitik, für die vor fünf Jahren ausschließlich die Dänische Volkspartei stand, sind heute Programm der Sozialdemokraten. Als diese auch noch die DF-Forderung eines speziellen DNA-Registers für AusländerInnen aufgriff, platzte dem Schriftsteller Jan Sonnergaard der Kragen: „Wann kommt denn nun der Vorschlag einer Tätowierung auf den Unterarm?“

Dabei gäbe es genügend Ansatzpunkte für eine sozialdemokratische Alternative. Rasmussens Regierung hatte eine deutliche Senkung der um rund 6 Prozent pendelnden Arbeitslosenrate versprochen. Das sollte mit einem kräftig erhöhten ökonomischen Druck auf Arbeitslose erreicht werden. Doch das einzige Ergebnis ist, meint der Soziologe Finn Kenneth Hansen, dass die, „die es wirtschaftlich schon vorher schwer hatten, es jetzt noch schwerer haben.“ Greift die Opposition solche Kritik auf, antwortet Rasmussen: „Was habt ihr Sozialdemokraten als Alternative?“ Damit hat er nicht Unrecht.

Ein schlechter Abklatsch der Regierung zu sein und mit dieser allenfalls um die größten Wahlversprechen zu wetteifern, droht für die Sozialdemokratie in einer Katastrophe zu enden. Nur noch 22 Prozent werden der Partei vorausgesagt, die einst die Position der stärksten Kraft gepachtet hatte. Jetzt hat sie mit dem blassen und glücklos taktierenden Mogens Lykketoft als Vorsitzenden auch ein Personalproblem.

Dass sich Rückgrat lohnt, demonstrieren zwei kleinere Oppositionsparteien, denen Stimmenzuwächse vorausgesagt werden: Die linke Einheitsliste mit einer konsequenten Antikriegspolitik und die linksliberale „Radikale Venstre“, die sich dem ausländerfeindlichen Mainstream entgegen stemmt. Der jetzigen Regierung eine weitere Legislaturperiode streitig machen, können sie aber auch nicht.