Studenten verschlafen Protest

Vor der morgigen Demo gegen Studiengebühren stapeln die Organisatoren tief. Die Zeit zum Mobilisieren sei zu kurz gewesen. Für kommende Proteste sollen auch Schüler gewonnen werden

VON PHILIPP DUDEK
UND ANNE BECKER

„Eine Demo gegen Studiengebühren?“ Tabina, Theologiestudentin im 5. Semester, weiß von nichts. Damit ist sie nicht allein. Auf dem Campus der Humboldt-Universität hatten gestern nur wenige StudentInnen von der morgigen Protestaktion der Berliner Hochschulen gehört. „Ich denke eher nicht, dass ich da hingehe“, sagt ihre Kommilitonin Cäcilie. „Ich weiß gar nicht, ob ich überhaupt gegen Studiengebühren bin.“

Peter Hartig vom Asta der HU rechnete gestern vorsorglich auch nur mit bis zu 3.000 StudentInnen, die am Donnerstag gegen die Einführung von Studiengebühren auf die Straße gehen werden. „Die Demo wird wohl nicht so das ganz große Ding“, sagte Hartig. „Das Wichtigste ist, dass wir jetzt erst mal ein Zeichen setzen, dass wir mit Studiengebühren nicht einverstanden sind.“ Die Planung für die Aktion sei zu kurzfristig gewesen, um wirklich viele Kommilitonen zu mobilisieren. „Wir konnten erst am Wochenende die Plakate mit dem Demo-Aufruf aus der Druckerei holen.“

Ob sich die Studenten auf dem HU-Campus von den Plakaten überhaupt angesprochen fühlen, kann Hartig natürlich nicht wissen. „Ich bin für Studiengebühren“, sagt – stellvertretend für nicht wenige StudentInnen – Nicole. Nur die Zinssätze für die Kredite sollten niedriger sein. Dass Studiengebühren irgendjemanden vom Studium abhalten würden, glaubt sie nicht.

Asta-Sprecher Hartig lässt sich von solchen Ansichten nicht beirren: „In Berlin haben wir noch den Luxus, dass wir uns mit unserem Protest nicht beeilen müssen.“ Schließlich gelte in Berlin das im Koalitionsvertrag und im Hochschulgesetz verankerte Gebührenverbot bis Ende der Legislaturperiode 2006. „Wir müssen aber rechtzeitig eine Perspektive für die Zeit nach 2007 schaffen“, sagte Hartig.

Nele Hirsch vom Asta-Dachverband fzs glaubt, dass es den Berlinern deshalb auch schwerer fallen dürfte, die StudentInnen zu mobilisieren: „Natürlich fühlen sich viele überhaupt nicht angesprochen. Die sind 2007 mit ihrem Studium fertig oder haben nur noch ein, zwei Semester zu studieren.“ Hirsch setzt deshalb auch auf eine stärkere Zusammenarbeit mit den Landesschülervertretungen. „Das sind die Leute, die von Studiengebühren direkt betroffen sein werden.“ Schon in den nächsten Wochen sind erste Vernetzungstreffen geplant. Für die Demo am Donnerstag sollte Nele Hirsch allerdings nicht auf den Uninachwuchs bauen. Gerade mal mit 50 protestierenden Schülern rechnet Stephan Ruhland von der Landesschülervertretung.

Nach dem Ende der bevorstehenden Semesterferien sollen auch in Berlin die Protestaktionen verstärkt werden. Denn im Berliner Senat ist die Front der Gebührengegner keineswegs geschlossen. Noch vergangene Woche bekräftigte Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) seine Auffassung, dass Studiengebühren sinnvoll und notwendig seien. „Für einen langfristigen Protest muss allerdings noch eine adäquate Form gefunden werden“, sagte David Hachfeld vom Asta der FU. Wichtig sei, dass der Protest aus der Studentenschaft kommt. „Man kann die Leute nicht zu Demos zwingen.“

Die Suche nach neuen Formen dürfte wichtig sein, um die Studis überhaupt wieder für die Projekte zu gewinnen.

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