berliner szenen Traumpost (5)

Klug im Bauch

Das Gesicht eines Mannes mit Schnauzbart (!) ist ganz nah, ein bisschen links über mir. Ich merk schon, da ist was mit Liebe, obwohl ich im Traum von irgendwoher die Info erhalte, dass es sich bei dem Schnauzbärtigen um einen Sachbearbeiter von irgendeinem Amt handelt. Huch!

Unsere Arme sind seltsam verhakelt, und weil ich denke, das geht doch nicht, das ist doch ein Sachbearbeiter und auch noch mit Schnauzbart, ziehe ich dezent meinen Arm aus dem Gewirr. Wie beim Mikado ist das, und ich mache einen Fehler, streife sein Handgelenk. Als Antwort darauf – so als hätte ich gerade die Ampel auf Grün geschaltet – legt er blitzschnell seine Hand auf meinen Bauch und fragt: „Dumm oder klug?“

He, wow! Tricky Sachbearbeiter. Ich lass mich nicht lumpen und sage „klug“, woraufhin er sich folgerichtig zu mir hinunterbeugt und mich küsst. Ich finde das alles super, mich stört nur ein bisschen sein Beruf. Als ich aufwache, sage ich mir, dass er bestimmt so eine Art Prinz ist. Ja, und Sachbearbeiter, das ist dann eher symbolisch zu sehen, das steht sicher für Persönlichkeitseigenschaften wie vielleicht Ordnung und Stabilität oder so ähnlich. Trotzdem bin ich danach zwei Tage lang mit dem seligen Gefühl durchs Leben gelaufen, dass es Liebe geben kann, richtige Liebe zwischen mir und schnauzbärtigen Sachbearbeitern.

Im Nachhinein denke ich, dass er mit seiner Frage vielleicht gar nicht seine Hand gemeint hat, sondern wissen wollte, ob ich meinen Bauch für dumm oder klug halte. Da bin ich dann natürlich erst recht froh, dass ich klug gesagt habe, frage mich aber, warum mich der Schnauzbart dann hatte küssen müssen. Vielleicht, weil der Traum eben doch nicht den logischen Gesetzen der Realität folgt. KATHARINA HEIN