Kleiner Bruder mit starkem Ego

Bereits Anfang Dezember braute sich das Gewitter über Manager Dieter Hoeneß zusammen. Ausgerechnet als Hertha auf einem Champions-League-Platz thronte und einen unerwarteten Triumph nach dem anderen feierte, zeichnete Präsident Werner Gegenbauer fürs erste jähe Grollen verantwortlich. Er beschuldigte Hoeneß, Dieter-Hoeneß-Festspiele zu veranstalten. Ein erstes böses Vorzeichen.

Gegenbauer bediente damit ein geläufiges Bild der Hoeneß-Kritiker. Diese werfen dem jüngeren Bruder von Bayern Münchens Manager Uli schon lange vor, mit seinem vereinnahmenden Wesen anderen jeglichen Gestaltungsspielraum zu rauben. Es folgten einige merkwürdige Kapriolen. Die Journalisten wurden von Präsidiumsmitgliedern mit reichlich Indiskretionen versorgt. Systematisch wurde der Eindruck genährt, dass der Machtmensch Hoeneß und der willensstarke Schweizer Trainer Lucien Favre nicht miteinander können. Angesichts der vielen freien Trainerstellen in der Bundesliga soll nun Favre bei Hertha der Himmel auf Erden bereitet werden. Ihn hält man für den maßgeblichen Vater des Erfolgs.

Dass Hoeneß stetig darauf hinweist, dass er es war, der den unbequemen Favre nach Berlin geholt hat, der seinen Vertag vor wenigen Monaten verlängern ließ, bestätigt zwar einerseits, mit welch starkem Ego Hoeneß ausgestattet ist, andererseits entlastet ihn dieses Argument tatsächlich vom Vorwurf, Macht nicht auch abgeben zu können.

Nun steht angeblich der abschließende Blitz- und Donnerschlag bevor: die vorzeitige Trennung von Hoeneß, der seinen Abschied erst für nächstes Jahr plante. Für den 57-Jährigen, der vor zwölf Jahren das Manageramt beim damals schlecht organisierten Berliner Zweitligisten übernahm, wäre das ein bitteres Ende. Hoeneß hat freilich schon oft im Kreuzfeuer der Kritik gestanden. JOHANNES KOPP