Standortdebatte in Phuket

Auf Thailands verwüsteter Ferieninsel berieten Teilnehmer aus 43 Staaten den Standort eines Tsunami-Frühwarnsystems

AUS PHUKET NICOLA GLASS

Bis zum Schluss konnte man sich nicht einigen. Zwei Tage lang hatten die Teilnehmer auf einer internationalen Tsunami-Konferenz im thailändischen Phuket darüber beraten, wie – und vor allem wo – ein Frühwarnsystem für den Indischen Ozean installiert werden sollte. Einen entsprechenden Vorstoß Thailands, das bereits in Bangkok angesiedelte Katastrophenschutzzentrum zur federführenden regionalen Einrichtung auszubauen, hatten die Teilnehmer abgelehnt.

Wahrscheinlich wird das von den Vereinten Nationen gesponserte und 1986 eingerichtete Asian Disaster Preparedness Centre (ADPC) nun künftig stärker mit anderen Katastrophenschutz-Einrichtungen kooperieren. Einig war man sich jedoch über die Dringlichkeit eines Tsunami-Frühwarnsystem für die betroffene Region, das auch bei anderen Naturkatastrophen Warnungen aussprechen soll. Zudem begrüßten die Teilnehmer die Einrichtung eines Fonds, für den Thailand bereits 10 Millionen US-Dollar zugesagt hat.

Der Disput über den Standort für eine regionale Warnzentrale entzündete sich vor allem an der Haltung Indiens und Indonesiens: Beide Länder hatten den thailändischen Vorschlag vehement abgeblockt. Man setze lieber darauf, die bereits vorhandenen nationalen Zentren zu stärken, betonte Marti M. Natalegawa, Sprecher des indonesischen Delegation, gegenüber der taz. Auch wolle man zudem ein engeres Netzwerk mit den Ländern rund um den Indischen Ozean schaffen, am besten „unter dem Dach der UN“. In der am Samstagabend verabschiedeten Phuket-Deklaration hieß es dann schließlich nur, dass die Teilnehmer die „Bereitschaft des ADPC anerkannt“ hätten, als regionales Zentrum für ein multifunktionales Frühwarnsystem zu dienen. Neben Indien und Indonesien hatte sich auch Australien gegen den Vorschlag des Gastgebers Thailand ausgesprochen. Es sei zu früh für eine Standortentscheidung, hieß es.

Für den Exekutivdirektor des ADPC, Suwit Yodmanee, hat die Zurückhaltung Australiens jedoch andere Gründe: Einige Geberländer wollten offenbar nicht, dass das ADPC eine größere Rolle bei der Überwachung spielt, erklärte Suwit vor Journalisten. Für die Argumentationen Indiens und Indonesiens zeigte er allerdings Verständnis: „Etwa 15 von insgesamt 43 Ländern waren sich darüber einig, das ADPC als regionales Zentrum zu etablieren, weil wir bereits mit ihnen gearbeitet und geholfen haben, ihre Leute auszubilden.“ Doch diese hätten sich andererseits in der Pflicht gefühlt, ihre nationalen Interessen nicht aufzugeben.

Sehr zurückhaltend gab sich die Delegation aus dem von der Flutwelle schwer getroffenen Sri Lanka: „Es sollte auf jeden Fall in der Region des Indischen Ozeans etabliert werden, ob nun in Thailand, Indonesien oder Indien“, erklärte A. H. M. Fowzie, srilankischer Minister für Umweltschutz und Naturressourcen, gegenüber der taz.

Die Debatte um die Einrichtung eines Frühwarnsystem für die schwer getroffenen Anrainerstaaten des Indischen Ozeans hat sich somit zum Politikum hochgeschaukelt. „Die Atmosphäre des Treffens war ziemlich gespannt, wir sind nicht zufrieden mit dem Ausgang“, kommentierte Smith Dharmasaroj, einst Chef des Meteorologischen Dienstes in Thailand und heute führender Berater der Regierung beim Katastrophenschutz. Smith war es auch, der bereits vor sieben Jahren vor der Möglichkeit eines Tsunamis an der Südwestküste Thailands gewarnt hatte und anschließend auf einen unwichtigen Posten abgeschoben worden war.

Deutschland hingegen dürfte derzeit zufrieden sein. Denn am Rande der Veranstaltung hatte Indonesien deutliches Interesse am deutschen Frühwarnsystem bekundet, um sich vor neuen Flutwellen zu schützen. Das bestätigte Prof. Dr. Jochen Zschau vom Geoforschungszentrum Potsdam gegenüber der taz. Vor dem Hintergrund der Debatte um den Standort eines Frühwarnzentrums hält auch Zschau die Einrichtung einer einzelnen, regionalen Warnzentrale für problematisch: „Eine Warnung beinhaltet immer auch die Übernahme einer Verantwortung. Und diese Verantwortung kann eigentlich nur das Land übernehmen, das die Warnung ausspricht.“ Es müsse daher auf lokale beziehungsweise nationale Warnzentralen gesetzt werden. „Es kann nicht nur eine einzige Warnzentrale geben – das wird nie funktionieren.“