AKW PHILIPPSBURG: DAS SICHERHEITSRISIKO IST DIE LANDESREGIERUNG
: Weggeschaut und machen lassen

In einem mag die Energie Baden-Württemberg (EnBW) Recht haben: Der Reaktor Philippsburg – beziehungsweise dessen Block 2 – ist technisch auf keinem schlechteren Stand als andere Atomanlagen in Deutschland. Alles andere wäre auch grotesk. Schließlich zählt Philippsburg 2 zu den jüngeren Anlagen; der Reaktor ging 1984 ans Netz.

Doch Sicherheit ist eben nicht nur Technik. Die Sicherheit hängt auch an den Mitarbeitern, an deren Bewusstsein, dass sie es mit der gefährlichsten Technik zu tun haben, über die wir verfügen. Und an diesem Bewusstsein fehlt es in Philippsburg offenkundig völlig. Ein Beispiel von vielen: Wenn Menschen in der Nähe von Gas- und Öltanks rauchen, ist das leichtsinnig. Wenn sie es in der Nähe der Tanks eines Notstromaggregats in einem Atomkraftwerk machen, ist ihr Verhalten untragbar. Wer dies tut oder wer dies auch nur duldet, hat in einem Atommeiler nichts verloren.

Der Fisch stinkt vom Kopf her, sagt der Volksmund. Und so ist es auch hier: Die Führung der EnBW hat es nicht geschafft, der Kraftwerksleitung wie der Belegschaft das notwendige Verantwortungsbewusstsein zu vermitteln. Die „ernsthaften Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betreibers“, die Umweltminister Trittin vor gut drei Jahren gegenüber der EnBW äußerte, sind bis heute nicht ausgeräumt.

Nur die baden-württembergische Landesregierung hat diese Zweifel nicht – und das ist am Ende der größte Skandal. Umweltminister Stefan Mappus wiegelt ab: Konsequenzen unnötig. Alles halb so wild. Man kennt ihn nicht anders: Im vergangenen Jahr wollte das Land im Rahmen der Sicherheitsüberwachung in den Atommeilern eine so genannte Zufriedenheitsanalyse erstellen. Diese sollte von einer Hochschule vorgenommen werden und die Motivation der Belegschaft untersuchen – eine Methode, die als aussagekräftig in Sachen Sicherheit gilt. Doch die EnBW sperrte sich mit aller Kraft – bis das Umweltministerium parierte. Im Atom-Ländle ist die Regierung zum größte Sicherheitsrisiko und Mappus längst untragbar geworden. BERNWARD JANZING