Wasserkraft versus Fischschutz

PROZESS Sportfischer kämpfen in zweiter Instanz gegen ein Wasserkraftwerk in Bremen, weil sie sich um wandernde Fische sorgen. Die Baubehörde hingegen lobt das Projekt als europaweit vorbildlich

„Jedes Wehr bringt eine Ausdünnung des Fischbestandes mit sich“, sagte einer der Gutachter vor Gericht

Da ist auf der einen Seite das Wasserkraftwerk in Bremen-Hemelingen, 9,9 Megawatt stark. Eine Anlage, von der die Baubehörde sagt, sie sei in Europa eine der „gewässerökologisch am weitesten entwickelten“. Ab Jahresende soll sie fünf Prozent aller bremischen Haushalte mit Strom versorgen. Auf der anderen Seite sind die als Naturschutzverband anerkannten Sportfischer. Sie haben einst das Wort „Fischhäckselmaschine“ aufgebracht und wollen den Rechtsweg bis zum Europäischen Gerichtsweg ausschöpfen, um das Projekt noch zu verhindern. Seit gestern wird ihre Klage vor dem Oberverwaltungsgericht verhandelt, schon jetzt hat die Akte 1.000 Seiten.

Das Verwaltungsgericht hatte die Klage der Angler-Lobby als unbegründet zurückgewiesen. Der Präsident des Verbandes der deutschen Sportfischer, Peter Mohnert, hatte dem Gericht daraufhin Befangenheit vorgeworfen. „Das Recht ist leider eine Hure“, schrieb er in einem Brief.

Die Kläger gehen davon aus, dass das neue Kraftwerk die Wanderung von zahlreichen Fischen wie Aaalen und Lachsen sowie den fischähnlichen Neunaugen dauerhaft verhindert, zumindest aber über weite Teile des Jahres „erheblich erschwert“. Und das an einer Stelle der Weser, die als „Nadelöhr“ gilt.

Die Gegenseite macht geltend, dass der Fischschutz gegenüber der schon bestehenden Staustufe unter anderem dank einer zweiten „Fischtreppe“ stark verbessert wird und dadurch Maßstäbe für andere setzt. Zum Beispiel das umstrittene Elbestauwerk Geesthacht, das der Energieversorger Vattenfall plant. Naturschützer fürchten auch hier ein massives Fischsterben. „Jedes Wehr bringt eine Ausdünnung des Fischbestandes mit sich“, sagte einer der Gutacher gestern vor Gericht. „Es kommen nie alle Fische rüber.“ Wie viele das sind, ist unter Experten umstritten. Am Ende könnte das Gericht deshalb dem Ermessensspielraum der Behörde den Vorzug geben und die Klage abweisen. MNZ